1. Leitsymptome
  2. Trauma

Trauma allgemein + Polytrauma

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Killer

Red Flags

Hinweis auf Hochrasanztrauma (großzügige weitere Diagnostik/evtl. Begleitverletzungen) bei:

Erste Schritte

  • cABCE-Stabilisierung
    • Blutstillung bei kritischen Wunden z.B. mit Packing
  • Auslöser für Trauma? (z.B. Synkope, Krampfanfall, Intoxikation, Sturzneigung)
  • Traumamechanismus (Kinematik)
    • Verkehrsunfall: Helm? Gurt? Airbags? Sitzposition im Auto?
  • Medikation insb. Antikoagulation, Thrombozyten-Aggregations-Hemmer (TAH), Sedativa durch Rettungsdienst, Alkohol/Drogen?
  • Vorerkrankungen (Osteoporose? Hämophilie? Vor-OPs? Vorbestehende Defizite?)
  • Offene Verletzungen/Wunden: Tetanusschutz?
  • Wunden/Prellmarken: Ausmaß, Tiefe, Lokalisation, Verschmutzung/Fremdkörper, Entzündungszeichen, verletzte Strukturen - keine blinde Sondierung!
  • Extremitäten/Knochen:
    • Inspektion: Fehlstellung/Asymmetrie (im Seitenvergleich) - Haut über Fraktur gespannt? Drohende Durchspießung/Spannungsblasen?
    • pDMS
    • Aktive und passive Beweglichkeit der angrenzenden Gelenke
    • Entfernung von Ringen
  • Gelenke: Dokumentation nach →Neutral-Null-Methode (Bewegung und jeweilig mögliche Beweglichkeit wird ausgehend von „Neutralposition“ dokumentiert (z.B. Extension/Flexion 10°-0°-90°).

Tipps

  • Insb. beim Knie (und oberen Sprunggelenk) wird bei atraumatischem Schmerz die Differenzialdiagnose eines Gichtanfalles häufig vergessen!
  • Bei Patient:innen ≥65 Jahren, steigt die Mortalität nach stumpfen Trauma bereits bei systolischem Blutdruck unter 110mmHg bzw. einer Herzfrequenz über 90/min!

Fokus Präklinik

  • cABCDE Vorgehen
    • V.a. (kritische) Blutung:
      • permissive Hypotonie (RRsyst bis 80mmHg tolerieren (Ziel-MAP 65mmHg))
      • Tranexamsäure 1g iv. über 10min.
    • Invasive Beatmung + mögliches Thoraxtrauma: Niederschwellig Thoraxdrainage
  • Traumatischer Arrest:
    • äußere Blutung kontrollieren
    • Beatmung mit 100% O2 (initial ggf. mit SGA)
    • Thoraxentlastung beidseits
    • Volumen 500-1000ml VEL
    • Beckenschlinge (bei stumpfem Trauma)
    • Clamshell-Thorakotomie bei penetrierendem Thoraxtrauma erwägen

Schockraum - Alarmierungskriterien

Nach Verletzungsmuster
Nach prähospitalen Maßnahmen
Nach Unfallmechanismen
  • Sturz bzw. Absturz aus über 3 Metern Höhe
  • Verkehrsunfall (VU) mit Ejektion aus dem Fahrzeug oder Fraktur langer Röhrenknochen
Nach pathologischen Befunden nach Trauma

A/B - Problem

C - Problem

  • systolischer Blutdruck <90 mmHg
  • Herzfrequenz >120/min
  • Schockindex >0,9
  • Positiver eFAST

D - Problem

  • GCS ≤12

E - Problem

Erweiterte Kritierien bei geriatrischen Patient:innen
  • Systolischer Blutdruck < 100mmHg
  • Bekanntes oder vermutetes Schädel-Hirn-Trauma und GCS ≤ 14
  • 2 oder mehr verletzte Körperregionen
  • Fraktur eines oder mehrerer langer Röhrenknochen nach Verkehrsunfall

Als geriatrisch gelten Patient:innen ≥80 Jahre oder Patient:innen ≥70 Jahre mit geriatrietypischer Multimorbidität

  • im Schockraum strukturierte Übergabe (z.B. ATMIST)

Traumauntersuchung

Auslöser

Sofern eigen- oder fremdanamnestisch möglich, sollte der Auslöser für das Trauma erfragt werden. Insb. sollte auf Hinweise für eine (High-Risk) Synkope oder einen Krampfanfall, eine Intoxikation oder Sturzneigung geachtet werden.

Mechanismus/Ablauf

Die Dokumentation muss den Traumamechanismus inkl. die Kinematik (Geschwindigkeit, Fallhöhe, penetrierend, stumpf) möglichst präzise erfassen.

Bei Verkehrsunfall zudem relevant: Helm getragen? Angeschnallt? Airbags geöffnet? Sitzposition im Auto? (Auch für häufige Rückfragen der Versicherungen)

Risikofaktoren/Vorerkrankungen/Medikation

  • Medikation (insb. Antikoagulation, TAH sowie Sedativa/Analgesie durch Rettungsdienst)
    • Was? Letzte Einnahme? Warum?
  • Risikofaktoren
    • Alkohol/Drogen: verminderte Schutzreflexe, ggf. schwerere Folgen nach Trauma
    • Sprachbarriere: Neurologische Beurteilbarkeit bei Sprachbarriere / mangelnder Mitarbeit eingeschränkt
  • Vorerkrankungen?
    • Osteoporose?
    • Hämophilie?
    • Vor-Operationen
    • vorbestehende Defizite?

Körperliche Untersuchung

  • Sollte an den Unfallmechanismus adaptiert werden
  • Isolierte und anamnestisch gut nachvollziehbare Traumata (z.B. Schnittverletzung Finger, OSG Distorsion)
    → können mit fokussierter Untersuchung abgearbeitet werden
  • Nach größerer Gewalteinwirkung ohne klar abgrenzbaren Fokus (Verkehrsunfall, Sturz, Schlägerei)
    → vollständiger Bodycheck am entkleideten Körper unverzichtbar

Bodycheck

Durch standardisierte Untersuchung sollen unerkannte, potentiell kritische Verletzungen aufgedeckt werden
→ Körper wird von Kopf abwärts und von Torso hin zu den Extremitäten untersucht

  • Kopf:
    • Schädel und Gesichtschädel stabil? (Druckschmerz?)
    • Pupillenreaktion?
    • Äußere Verletzungen (ggf. durch Haare verdeckt?)
    • Monokel- oder Brillenhämatom?
    • Blutung aus Ohren, Nase oder Mund? (Kurzer Blick in den Mundraum!)
    • s. Schädel-& Gesichtstrauma
  • Hals:
    • Druckschmerz der HWS?
    • Blutung/Hämatom (potentielles Atemwegsproblem)?
    • Dysphagie/Stridor? Trachea mittig?
    • s. Halstrauma
  • Thorax:
    • Druckschmerz/Stabilität?
    • Auskultation (schließt Pneumothorax nicht aus!)
    • s. Thoraxtrauma
  • Abdomen:
  • Becken:
    • Prüfung der Beckenstabilität EINMAL (wenn präklinisch bereits Instabilität beschrieben wurde, keine erneute Untersuchung!)
    • Blutung/Verletzung im Genitalbereich? (Häufig initial übersehen!)
    • s. Beckentrauma
  • Wirbelsäule/Rücken:
    • Druck-/Klopfschmerz über der Wirbelsäule?
    • IMMER vollständige Inspektion des Rückens nach Verletzungen!
    • s. Wirbelsäulentrauma
  • Extremitäten:
  • Inspektion:
    • Suche nach sichtbaren, äußeren Verletzungen 
      • Prellmarken?
      • Gurtmarken?
      • Fehlstellungen?
      • Wunden? (Insb. Stich-/Schusswunden äußerlich oft nur unscheinbar)
      • Blutungen? (Behaarte (Kopf-)Haut einmal abtasten)

Fokussierte Untersuchung

Wunden/Prellmarken:

  • Ausmaß, Tiefe, Lokalisation (ggf. Foto-Dokumentation)
  • Verschmutzung/Fremdkörper (was, wieviel?)
  • Entzündungszeichen (Umgebungsrötung, Eiter/Sekretion, Schwellung)
  • Verletzte Strukturen
  • CAVE: Keine blinde Sondierung von Verletzungen über Körperhöhlen (Thorax, Abdomen, Kopf) - unkontrollierbare Verletzungen tieferer Strukturen und Keimverschleppung möglich.

Bei komplizierten Wunden / ausgedehntem Weichteilschaden bzw. Fremdkörpern frühzeitig Chirurgie informieren - meist operative Revision notwendig!

Extremitäten/Knochen:

  • Inspektion bzgl. Fehlstellung/Asymmetrie (im Seitenvergleich)
    • Offene Verletzungen als Hinweis einer offenen Fraktur? 
  • pDMS
  • Aktive und passive Beweglichkeit von den angrenzenden Gelenken prüfen
  • Haut über Fraktur gespannt? Drohende Durchspießung / Spannungsblasen?

Frakturzeichen:

  • Unsicher: Schwellung, Schmerz, Hämatom
  • Sicher: Krepitation, Achsabweichung, sichtbare Fehlstellung, abnorme Beweglichkeit, Knochenfragmente

Gelenk-Untersuchung

Inspektion: kann Hinweise auf offene Verletzungen, Abschürfungen oder Dislokationen sowie Schwellung geben
→ Gelenk sollte dabei immer im Seitenvergleich untersucht und beurteilt werden.

Palpation: kann Hinweise auf Gelenkerguss und bei lokalisertem Druckschmerz auf verletzte Strukturen liefern

Aktive/passive Beweglichkeit: sollte mit der →Neutral-Null-Methode dokumentiert werden. Dabei wird die Bewegung und die jeweilig mögliche Beweglichkeit ausgehend von  der „Neutralposition“ dokumentiert (bspw. Extension/Flexion 10°-0°-90°).

Polytrauma

Mehrfachverletzung, bei der eine der Verletzung einzeln oder Kombination mehrerer Verletzungen, potentiell lebensbedrohlich ist.
Essentiell ist frühzeitige Identifikation der akut lebensbedrohlichen Probleme und deren umgehende Behandlung nach einem festen Algorithmus.

Schockraumkriterien

  • Polytraumatisierte Patient:innen müssen immer im Schockraum versorgt werden.
  • Da Verletzungsmuster und -schwere präklinisch oft nur ungenau abgeschätzt werden können, sind in der S3-Leitlinie „Polytrauma“ Kriterien für die Indikationsstellung zur Schockraum-Versorgung festgelegt worden.
  • Es wird zwischen Verletzungsmuster, Untersuchungsbefunden und Unfallmechanismus unterschieden.
  • Update:
    Die nur auf dem Unfallmechanismus basierenden Kriterien wurden in der Überarbeitung der S3 Leitlinie deutlich eingeschränkt, neu hinzugekommen sind seit 2023 speziell auf geriatrische Patient:innen angepasste Alarmierungskriterien.
Nach Verletzungsmuster
Nach prähospitalen Maßnahmen
Nach Unfallmechanismen
  • Sturz bzw. Absturz aus über 3 Metern Höhe
  • Verkehrsunfall (VU) mit Ejektion aus dem Fahrzeug oder Fraktur langer Röhrenknochen
Nach pathologischen Befunden nach Trauma

A/B - Problem

C - Problem

  • systolischer Blutdruck <90 mmHg
  • Herzfrequenz >120/min
  • Schockindex >0,9
  • Positiver eFAST

D - Problem

  • GCS ≤12

E - Problem

Erweiterte Kritierien bei geriatrischen Patient:innen
  • Systolischer Blutdruck < 100mmHg
  • Bekanntes oder vermutetes Schädel-Hirn-Trauma und GCS ≤ 14
  • 2 oder mehr verletzte Körperregionen
  • Fraktur eines oder mehrerer langer Röhrenknochen nach Verkehrsunfall

Als geriatrisch gelten Patient:innen ≥80 Jahre oder Patient:innen ≥70 Jahre mit geriatrietypischer Multimorbidität

Management

Die Schockraumversorgung dient dem Ausschluss akuter Lebensgefahr und der standardisierten Erstversorgung.
Die definitive chirurgische Versorgung sollte hierdurch nicht unnötig verzögert werden.

Das Schockraummanagement folgt einer klaren Struktur, welche im Team bereits vor Eintreffen der verletzten Person im Zero Point Survey kommuniziert werden sollte.

Phasen der Polytrauma Versorgung


Mögliche Fehlerquellen:

  • Fixierungsfehler: An Verdachtsdiagnose wird festgehalten und die Untersuchung vorzeitig beendet, oder widersprüchliche Befunde fehlinterpretiert.
  • Dynamik übersehen: Initial stabile Patient:innen können bei mangelnder Reevaluation unerkannt verfallen!
    Klinische Befunde auch bei stabilen Kreislaufverhältnissen ernst nehmen und nach relevantem Trauma immer regelmäßig reevaluieren!
  • Ablenkung durch eindrückliche Befunde: Die tiefe Fleischwunde am Oberschenkel darf nicht von einer gründlichen Untersuchung bzgl. weiterer, unscheinbarer Verletzungen ablenken!

Trauma bei Älteren

Checkliste Gestürzte ältere Person

  • Sturzursache erfragen/abklären (z.B. Exsikkose/Infekt, s. Schwäche)
  • Vor Entlassung begründete Zweifel an Fahrtauglichkeit ansprechen und dokumentieren!
  • Eher großzügige Bildgebung (geringes Risiko der Strahlenbelastung vs. Risiko unerkannter Verletzungen):

Stürze sind der häufigste Grund für Verletzungen bei Patient:innen über 65 Jahren.
Nach Trauma haben ältere Menschen eine deutlich erhöhte Mortalität und Gefahr für lebensbedrohliche Verletzungen. Dabei muss neben den Sturzfolgen auch immer möglichst die Sturzursache abgeklärt werden.

Besondere Risikofaktoren

Polypharmazie im Alter sowie dementielle Syndrome erschweren die Ersteinschätzung deutlich. Niemals sollten abweichende Bewusstseinszustände oder Vitalparameter vorschnell durch Vorerkrankungen oder Medikation erklärt und pauschalisiert werden. 

Schädelprellung/SHT/HWS-Verletzung:

Vorbestehende Erkrankungen (z.B. Demenz) erschweren die adäquate Ersteinschätzung, eine ggf. vorliegende neurologische Symptomatik kann erst verzögert auffallen. Gleichzeitig ist das Risiko intrakranieller Blutungen bereits durch Bagatelltraumata, insb. bei Einnahme von Antikoagulantien/TAH, deutlich erhöht. Auch das Risiko von HWS Frakturen nimmt im Alter deutlich zu, sodass eine CT-Diagnostik von Schädel und HWS großzügig erfolgen sollte.
S. auch SHT / HWS-Trauma

Management

Die Abarbeitung geriatrischer Traumapatient:innen umfasst 3 Säulen:

I. Ursache:

  • Besteht eine (bekannte) Sturzneigung? 
    • Ursache? (Exsikkose, Infekt, neurologisch, metabolisch, kardial, Medikation - s. Schwäche)
  • Risikofaktoren: Sehschwäche, Stolperfallen, inadäquate Hilfsmittel?
    • Bei Verkehrsunfall begründete Zweifel an Fahrtauglichkeit ansprechen und dokumentieren!

II. Verletzungen:

  • großzügig bildgebende Diagnostik
    • Geringere Relevanz der Strahlenbelastung vs. erhöhtes Risiko unerkannter Verletzungen
  • Erhöhtes Risiko sekundärer Blutungen im Alter insb. bei Antikoagulation!
    • Nach Schädelprellung großzügig CCT, bei ausgeprägter Sturzneigung ggf. Antikoagulation zunächst absetzen und Reevaluation im Verlauf empfehlen (Abhängig von Indikation der Antikoagulation)
  • Bei unauff. Röntgenbild aber ausgeprägtem Schmerz nach Sturz auf das Becken: Becken-CT erwägen!
    • Fragilitätsfrakturen sind im konventionellen Röntgen oft nicht zu erkennen

III. Weitere Versorgung:

  • Bereits kleinere Verletzungen können eine noch bestehende Selbstständigkeit massiv einschränken. 
    • Beispiele: 
      • Schnittverletzung der Handfläche bei notwendigem Rollator
      • Gilchristverband bei Sturzneigung
      • Unterarmgehstützen bei Muskelschwäche
  • Die ambulante Versorgung muss sichergestellt werden!
    • Vor Entlassung in das häusliche Umfeld als Minimalstandard: →„Timed Up And Go“-Test (von Stuhl mit Armlehnen selbstständig aufstehen, 3m gehen, dann wieder zurück und hinsetzen) durchführen und dokumentieren (≥ 30 Sek.: Relevante Mobilitätseinschränkung)
    • Im Zweifel Rücksprache mit Pflegeheim/Angehörigen

Trauma bei Schwangeren

  • Bis zur 12. SSW ist Fötus meist durch knöchernes Becken gut geschützt
  • ab 2. Trimenon: Milz- und Leberlazerationen der Mutter nach stumpfen Bauchtrauma häufiger
  • Ab 22. SSW nach initialer Stabilisierung zügige Verlegung in Traumazentrum mit Perinatalzentrum erwägen
  • Der beste Schutz des Fetus ist die schnellstmögliche Stabilisierung der Mutter!

Spezielle Gefahren durch Trauma bei Schwangeren:

  • Intrauteriner Fruchttod
  • vorzeitige Wehen
  • vorzeitige Plazentalösung
  • (intraabdominelle) Blutungen
  • Uterusruptur
    s. Schwangerschaftsnotfälle

Checkliste Trauma bei Schwangeren

  • Untersuchung
    • Druckschmerzhaftes Abdomen? Prellmarken? Ggf. Kindsbewegung tastbar?
  • Stabilisierung
    • Großzügige Sauerstoffgabe
    • 35-50% mehr Volumenbedarf bei Flüssigkeitsgabe beachten
  • Überwachung
    • Keine Entlassung ohne gynäkologische Vorstellung (auch bei Bagatelltrauma)
    • Ggf. sonografische Darstellung des fetalen Herzschlags
  • Rhesusprophylaxe
    • Bei jeglichem Trauma während der Schwangerschaft ist das Risiko für einen fetal-maternalen Blutaustausch zu evaluieren: Großzügig Rücksprache Gynäkologie bezüglich Indikation Rhesusprophylaxe bei Rh-negativer schwangerer Pat.

Sonderfall BG-Unfall

Jede Klinik darf eine:n Notfallpatient:in behandeln und bekommt dies auch vergütet (auch ohne Zulassung zur Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaften).

Je nach Verletzungsschwere muss aber nach primärer Versorgung eine weitere Behandlung beim Durchgangsarzt veranlasst werden.

Die Patient:innenzuweisung richtet sich nach dem →Verletzungsartenverzeichnis. Hierin ist geregelt, welche Fälle dem Verletzungsartenverfahren und welche dem Schwerstverletzungsartenverfahren zuzuordnen sind. Alle übrigen Verletzungen können im Rahmen des stationären Durchgangsarztverfahrens behandelt werden

Struktur

Stationär:

Es existieren drei verschiedene Versorgungsstufen für die stationäre Versorgung von Verletzungen zulasten der Berufsgenossenschaften:

  • DAV-Krankenhaus (stationäres Durchgangsarztverfahren)
    • Darf alle Unfallfolgen, die nicht im Verletzungsartenkatalog erfasst sind, stationär behandeln, z.B. eine einfache Schädelprellung oder Schnittwunde.
  • VAV-Krankenhaus (Verletztenartenverfahren)
    • Darf auch komplizierte Unfallfolgen eines Arbeits-, Schul- und Wegeunfalls behandeln.
  • SAV-Krankenhaus (Schwerstverletztenartenverfahren)
    • Muss/kann alle Arbeitsunfälle behandeln (z.B. auch komplizierte Gelenksfrakturen, Polytraumata, etc.).
    • In der Regel Maximalversorger, BG-Kliniken, Unikliniken und ausgewählte handchirurgische Kliniken.

VAV und SAV müssen spezielle personelle, apparative und räumliche Anforderungen erfüllen und zur Übernahme bestimmter Pflichten bereit sein.

Ambulant: 

Niedergelassene Durchgangsärzt:innen (Unfallchirurg:innen mit Zusatzbezeichnung spezielle Unfallchirurgie) dürfen Arbeitsunfälle ambulant behandeln und je nach Verletzungsschwere auch operieren. Zudem sind sie zur Nachbehandlung aller Verletzungsarten zugelassen.

Management/Fallstricke:

Das D-Arzt System unterliegt einigen Formalien und ist in seiner Struktur teils unübersichtlich. Die nachfolgenden Grundsätze sollen als Hilfestellung für die Versorgung von betroffenen Patient:innen dienen:

  • Erstversorgung ist immer nötig/möglich!
    • Jede Notaufnahme ist zur Erstversorgung verpflichtet! Liegt keine BG-Zulassung vor, muss nach Erstversorgung eine Vorstellung bei einer/einem Durchgangsärzt:in erfolgen (je nach Verletzungsschwere ist eine Vorstellung ggf. am nächsten Werktag ausreichend).
  • Lebensrettende Maßnahmen müssen/dürfen durchgeführt werden!
    • Bsp. Polytrauma - ein Patient mit Milzruptur und offener Unterarmfraktur muss vor Verlegung stabilisiert (z.B. Splenektomie und Fixateur externe) und dann umgehend in eine entsprechende Klinik verlegt werden.
  • Erkrankungen innerer Ursache ohne Kontext zur beruflichen Tätigkeit sind keine BG-Fälle!
  • Stromunfälle während der Arbeit müssen D-ärztlich vorgestellt werden!
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Martin, C. & Spies, V. Schusswaffenverletzungen und penetrierende Traumata. AINS - Anästhesiologie Intensiv. Notfallmedizin Schmerzther. 58, 253–263 (2023).
  • DGU. S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung. AWMF 115, 14–21 (2022).
  • Weißleder, A., Egbe, A., Helm, M., Gunßer, J. & Treffer, D. SOP Notfalluntersuchung und -anamnese der schwangeren Traumapatientin. Frauenheilkd. up2date 15, 11–14 (2021).
  • Fleischmann, T. & Hohenstein, C. Klinische Notfallmedizin Band 1 Wissen: Emergency Medicine nach dem EU-Curriculum. (2020).
  • Wyatt, J. P., Taylor, R. G., Witt, K. de & Hotton, E. J. Oxford Handbook of Emergency Medicine. (2020).
  • Tintinalli, J. E., Ma, J. O. & Donald, Y. M. Tintinalli’s Emergency Medicine. (2019).
  • Weigel, B. & Nerlich, M. L. Praxisbuch Unfallchirurgie. (2011).

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