1. Leitsymptome
  2. Kopf und Neuro

Fokalneurologisches Defizit + Schlaganfall

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Killer

Erste Schritte

Anamnese fokussiert

  • Zeitlicher Verlauf (Symptom-Beginn; falls unsicher: Wann zuletzt in "gutem" Zustand gesehen?)
  • Gerinnungshemmende Medikation (Antikoagulation / Thrombozytenaggregationshemmung)
    - wann zuletzt eingenommen?
  • Vorheriger Zustand (Indikation etwaiger Lysetherapie)

Vorgehen

  • Fokussierte Untersuchung (BE-FAST, RACE)
  • Blutzucker? Hinweis auf "Stroke Mimic"?
  • Sicherer iv.-Zugang (ggf. Kontrastmittelgabe/Lyse)
    • Labor (BGA, Gerinnung, DOAK: Anti-Xa-Aktivität / Thrombinzeit bei Dabigatran)

→ Bei klinischem Verdacht auf Schlaganfall / bestehende Defizite:

  • NIHSS
  • Rasche Bildgebung (CT + ggf. Angiografie; s. unten)

Tipps

“Stroke Mimics” (Auswahl)

Fokus Präklinik

  • Red Flags prüfen, Killer aktiv erwägen
  • Erste Schritte, insb.:
    • Neuro-Status, BZ
    • Anamnese: Zeitlicher Verlauf, Vor-Zustand, Medikation (Antikoagulation, TAH) wann zuletzt eingenommen
    • möglichst sicherer iv-Zugang für Bildgebung (Kontrastmittel) in Klinik
    • RRsyst erst ab ≥220mmHg senken (10-20%, Hypotonie vermeiden)
  • Transportziel:
    • Klinik mit Stroke-Unit, Voranmeldung!
    • Bei Hinweis auf proximalen Gefäßverschluss (s. „RACE“ unten) ggf. direkt in Thrombektomie-Zentrum transportieren (hier ggf. auch Zeitfenster >4,5h zielführend für Intervention)

Definition: Akute fokal-neurologische Defizite = Funktionsausfälle von Gehirn, Rückenmark oder peripherer Nerven unterschiedlicher Genese.

Schlaganfall

BE FAST - Screening bei V.a. Schlaganfall

Befast

RACE-Score

Einschätzung V.a. proximaler Gefäßverschluss (auch LVO "large vessel occlusion" - Großgefäßverschluss, profitiert potentiell von frühzeitiger Thrombektomie).
Je nach lokalem Protokoll bei ≥5 Punkten präklinisch direkten Transport in Zentrum mit Thrombektomie-Kapazität erwägen.

RACE (Hinweis auf Schlaganfall mit proximalem Gefäßverschluss)

RACE: Rapid Arterial oCclusion Evaluation scale
≥5 Punkte: Verdacht auf proximalen Gefäßverschluss

Item

Vorgehen

Punkte

Facialisparese

Pat. soll Zähne zeigen - Assymetrie?

  • Keine: 0 Pkt.
  • Mild: 1 Pkt.
  • Mittel bis schwer: 2 Pkt.

Motorik Arm

Pat. soll Arm 90° (im Sitzen)
oder 45° (im Liegen) halten

  • >10 Sek. gehalten: 0 Pkt.
  • <10 Sek. gehalten: 1 Pkt.
  • Nicht gehalten: 2 Pkt.

Motorik Bein

Pat. soll Bein 30°
(im Liegen) halten

  • >5 Sek. gehalten: 0 Pkt.
  • <5 Sek. gehalten: 1 Pkt.
  • Nicht gehalten: 2 Pkt.

Kopf- und Blick

Kopf- und Blick-Deviation?

  • Keine: 0 Pkt.
  • Vorhanden: 1 Pkt.

Hemiparese rechts:
Aphasie

Zwei Kommandos:

  • "Augen schließen"
  • "Faust machen"
  • Normal: 0 Pkt.
  • Ein Kommando befolgt: 1 Pkt.
  • Kein Kommando befolgt: 2 Pkt.

Hemiparese links:
Agnosie

Zwei Fragen:

  • "Wessen Arm ist das? Pat. dessen paretischen Arm zeigen
    (nicht erkannt = Asomatognosie)
  • "Bewegen Sie den Arm!" -
    (nicht möglich = Anosognosie)
  • Normal: 0 Pkt.
  • Asomatognosie oder Anosognosie: 1 Pkt.
  • Beides: 2 Pkt.

Letzter Punkte je nach Symptomatik - Hemiparese links oder rechts - prüfen.

Checkliste Schlaganfall

  • Formale Einschätzung Schweregrad mit NIHSS-Score (s. unten)
  • Bildgebung bei V.a. Schlaganfall:
    Zerebrale Bildgebung nach lokalem Protokoll (meist CCT, in DE üblicherweise CCT+CTA (extra- und intrakranielle Angiografie), jedenfalls bei moderater bis schwerer Symptomatik)
  • Unklares Zeitfenster (z.B. „Wake-up Stroke“): CCT+CTA+CT-Perfusion oder MRT mit MR-Perfusion (Nachweis von Penumbra)
  • Therapie bei ischämischem Schlaganfall:
    • Thrombolyse mit rTPA/Alteplase oder ggf. Tenecteplase
    • Blutdruckmanagement = abhängig von weiterer geplanter Therapie, initial Senkung z.B. mit Urapidil 5-10mg iv. Boli
      • Thrombolyse geplant:
        • Vor Lyse: RRsyst <185/110mmHg
        • Nach Lyse/Thrombektomie: RRsyst-Zielwert 120-160mmHg, jedenfalls <180 mmHg
      • Keine Lysetherapie/Thrombektomie:
        • Keine Evidenz für Benefit durch Blutdrucksenkung, eher potentiell schädlich (früher ab RRsyst ≥220mmgHg empfohlen) - außer bei anderer bedrohlicher Symptomatik (z.B. hypertensives Lungenödem) - dann RR-Senkung nach Bedarf/Klinik.
Symptomatik bei Schlaganfall (Überblick und betroffene Gefäße):

Sehr variable Symptomatik je nach betroffenem Areal, ipsilateral (auf betroffener Seite) oder kontralateral (gegenüberliegend) auftretend. Auswahl von typischen Symptomen je nach Gefäß (können einzeln oder in Kombination auftreten):

A. cerebri media (am häufigsten betroffen) „Mediasyndrom“, selten A. carotis interna:

  • Typischerweise brachiofazial betonte, kontralaterale sensorische und/oder motorische Ausfälle (Hemiparese/Hemiplegie) Kontralaterale sensible Ausfälle der Extremitäten oder des Gesicht s(Hemihypästhesie)
  • Hemineglect (der kontralateralen Seite), Blickwendung zur ipsilateralen Seiten
  • Aphasie/Dysarthrie (bei betroffener linker Hemisphäre, sehr selten auch bei dominanter rechter Hemisphäre)

A. cerebri anterior (seltener betroffen):

  • Kontralaterale sensorische und/oder motorische Ausfälle v.a. der unteren Extremität
  • Verwirrtheit/Delir

Vertebrobasiläres Stromgebiet (A. cerebri posterior, A. basilaris, Aa. cerebelli):
Teils sehr unspezifische Symptome, fluktuierender Verlauf - öfter übersehen!

  • Okzipitallappen (A. cerebri posterior):
    • Gesichtsfeldausfälle bis zu homonymer Hemianopsie (= Skotom der selben Seite beider Augen)
  • Kleinhirn:
    • Schwindel, Hemiataxie, Rumpfataxie („kann nicht gerade sitzen“), Übelkeit, Erbrechen
  • Hirnstamm:
    • Somnolenz bis Bewusstlosigkeit
    • Hirnnervenausfälle ipsi- und kontralateral
    • Ipsi-, kontra- oder bilaterale Ausfälle von Motorik und Sensibilität der Extremitäten
    • Doppelbilder, Nystagmus, Bulbusdivergenz, Anisokorie
    • Dysarthrie
    • Schluckstörungen

Sprach- und Sprechstörungen:

  • Sprachstörung = Aphasie: Störungen der Sprachproduktion (Fassen von Worten) und/oder des Sprachverständnisses in unterschiedlichen Ausprägungen
  • Sprechstörung = Dysarthrie: Inhalte und Sprachverständnis uneingeschränkt, aber undeutliches Sprechen wegen Störung der Sprech-Motorik

NIHSS-Score

Online-NIHSS Rechner (ARS Neurochirurgica)

Online-NIHSS Rechner englisch (MDCalc)

NIHS-Skala (National Institutes of Health Stroke Scale)

NIHS-Skala (NIHSS)
Score zur Quantifizierung der Schlaganfallschwere

Insgesamt 0-42 Punkte
≥8 Punkte: Schwere Symptomatik → V.a. proximalen Gefäßverschluss!

NIHSS - Item

Punkte

Kommentar

1a
Bewusstsein

0 wach
1 somnolent, durch geringe Reize erweckbar
2 soporös, Reaktion auf starken Schmerzreiz
3 Koma

1b
Fragen

0 zwei korrekte Antworten
1 eine korrekte Antwort
2 keine korrekte Antwort

Frage nach Datum und Alter.

Antworten müssen (ganz) korrekt
sein, keine Hilfestellung.

Falls intubiert, Gesichtstrauma,
Sprachbarriere: 1 Punkt.

1c
Aufforderungen

0 befolgt beide Aufforderungen
1 befolgt eine Aufforderung
2 befolgt keine Aufforderung

Generell ersten Versuch bewerten.

Falls keine Reaktion auf verbale Ansprache,
Versuch der Pantomime.

2
Blickrichtung

0 normal
1 teilweise Blicklähmung
2 forcierte (komplette) Blicklähmung

Nur horizontale Blickwendung
wird bewertet.

3
Gesichtsfeld

0 kein Sehverlust
1 partielle Hemianopsie
2 komplette Hemianopsie
3 blind

Bei vorbestehender einseitiger
Blindheit, nur das "übrige" Auge prüfen.

4
Fazialisparese

0 keine
1 gering ausgeprägt
2 partielle Lähmung
3 komplett (untere und obere Gesichtshälfte)

Zähne zeigen, Augenbrauen heben
und Augen schließe.
Ggf. Pantomime zur Unterstützung nutzen.

5a
Motorik Arm rechts

5b
Motorik Arm links

0 kein Absinken ≥ 10 Sek.
1 Absinken < 10 Sek.
2 fällt herab aufs Bett, Anstrengung erkennbar
3 keine Anstrengung gegen Schwerkraft
4 keine Bewegung

(jeweils pro Arm)

Im Sitzen: Arm 90° ausstrecken

Im Liegen: Arm 45° ausstrecken

Keine Testung möglich bei
Amputation, Gelenkversteifung

6a
Motorik Bein rechts

6b
Motorik Bein links

0 kein Absinken ≥ 5 Sek.
1 Absinken < 5 Sek.
2 fällt herab aufs Bett, Anstrengung erkennbar
3 keine Anstrengung gegen Schwerkraft
4 keine Bewegung

(jeweils pro Bein)

Nur im Liegen, 30° anheben

Keine Testung möglich bei
Amputation, Gelenkversteifung

7
Ataxie

0 keine
1 eine Extremität
2 zwei Extremitäten

Finger-Nase und Knie-Hacken
Versuch beidseits,
Augen dabei offen.

Bei Blindheit:
Finger zur Nase mit initial ausgestrecktem Arm

8
Sensibilität

0 normal
1 Hypästhesie, Berührung wird noch wahrgenommen
2 Anästhesie

Koma = automatisch 2 Punkte.

9
Aphasie

0 keine
1 gering/mäßig (Kommunikation möglich)
2 schwer (Kommunikation sehr stark einschränkt)
3 globale Aphasie, stumm

Gegenstände benennen,
Sätze nachsprechen

10
Dysarthrie

0 normal oder nicht erhebbar
1 einige Wörter undeutlich
2 fast unverständlich

Intubiert, andere physische "Barriere":
Test nicht möglich

11
Neglect

0 kein Neglect
1 eine Modalität (z.B. visuell, taktil, räumlich)
2 mehrere Modalitäten

Wenn kein Neglect feststellbar
(z.B. Koma/intubiert),
dann 0 Punkte
(da kein Neglect nachweisbar)

Einzelne Items in der Interpretation relativ kompliziert, siehe auch Kommentare. Viele konkrete Anwendungshinweise zur exakten Beurteilung siehe Website NIH.

Lyse und Trombektomie

Indikation Thrombolyse:

Ischämischer Schlaganfall mit „behinderndem Defizit“ innerhalb von 4.5 Stunden von Symptombeginn (bei unklarem/grenzwertigem Zeitfenster vorab Nachweis von „rettbarem Hirngewebe“ in der Bildgebung)

Indikation Thrombektomie:

Klassisch bei schwerem ischämischen Schlaganfall + großem Gefäßverschluss (proximale A. cerebri media, intrakranielle A. carotis interna, A. basilaris) optimal innerhalb von sechs Stunden ab Symptombeginn (oder Nachweis von rettbarem Hirngewebe in der Bildgebung), Indikationsstellung und wird zunehmend breiter, Zeiträume von sinnvoller Intervention länger.
Bei schwerer Symptomatik auch bei längerem Zeitfenster (bis 24h): Rücksprache mit Thrombektomie-Zentrum!
Siehe auch →"Clinical Pathway" DGN Leitlinie 2021

Alteplase Lyse-Dosierung Schlaganfall

Alteplase: Ischämischer Schlaganfall

Dosis: 0,9mg/kg, davon 10% als iv.-Bolus, dann 90% über 60min.
Maximaldosis 90mg iv.

Gewicht

Gesamtdosis (mg)

Bolus
(mg)

Infusion
(mg)

Laufrate Infusion
bei 1mg/ml

Laufrate Infusion
bei 2mg/ml

40kg36

3,6

32,4

32,416,2

50kg

45

4,5

40,5

40,5

20,3

60kg

54

5,4

48,6

48,6

24,3

70kg

63

6,3

56,7

56,7

28,4

80kg

72

7,2

64,8

64,8

32,4

90kg

81

8,1

72,9

72,9

36,5

≥100kg90

9,0

81,0

81,0

40,5

Tenecteplase Lyse-Dosierung bei Schlaganfall

Tenecteplase: Ischämischer Schlaganfall (off label!)

Insb. als Bridging vor Thrombektomie bei Großgefäßverschluss
Intravenöse Bolusgabe 0,25mg/kg (10.000U in 10ml = 50mg)
Maximaldosis 25mg

Gewicht

Dosis
(mg / U)

Dosis
(ml)

50kg

12,5mg (2500U)

2,5ml

60kg

15mg (3000U)

3ml

70kg

17,5mg (3500U)

3,5ml

80kg

20mg (4000U)

4ml

90kg

22,5mg (4500U)

4,5ml

100kg25mg (5000U)

5ml

TIA „Transitorische ischämische Attacke“

Spontan rückläufiges fokal-neurologisches Defizit ohne Ischämiezeichen in der Bildgebung. Meist nach Minuten rückläufig, bei Vorstellung oft nicht mehr vorhanden. Häufigste Hochrisikoursachen: Vorhofflimmern, Carotisstenose.

Checkliste TIA

  • Bildgebung wie bei V.a. Schlaganfall, "Stroke Mimics" prüfen (s. Schlaganfall oben)
  • Ausschluss Vorhofflimmern (EKG) und symptomatische Carotisstenose (CTA/Sono) idealerweise in der Notaufnahme, falls nicht möglich innerhalb der nächsten 24-48h
  • ABCD2-Score: (siehe Tabelle)
    • ≥4 Punkte: Doppelte Thrombozytenaggregationshemmung nach Rücksprache Neurologie, Aufnahme Neurologie, ggf. Stroke Unit
    • <4 Punkte: Evtl. Entlassung möglich / zeitnahe ambulante neurologische Vorstellung

ABCD2-Score

0 Punkte

1 Punkt

2 Punkte

Alter ≥ 60 Jahre

Nein

Ja

Blutdruck ≥140/90mmHg
bei Erstvorstellung

Nein

Ja

Symptomatik
"Clinical Features"

Andere

Verwaschene Sprache

Hemisymptomatik
(einseitige Schwäche)

Dauer Symptomatik

< 10 Minuten

10-59 min.

≥ 60 min.

Diabetes Mellitus

Nein

Ja

Facialisparese

Periphere Fazialisparese: Einseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur. Meist idiopathische Genese, selten Neuroborelliose, Zoster oticus (und Vielzahl anderer, sehr seltener Ursachen).

Klassische Zeichen (auf betroffener Seite):

  • hängender Mundwinkel
  • Unfähigkeit, das Auge zu schließen
  • Unfähigkeit, Stirn zu runzeln

DD zentrale Fazialisparese (Schlaganfall, Tumor): hier Stirnrunzeln + Auge schließen möglich!

Facialis

Checkliste Facialisparese

  • Untersuchung:
    • Stirnrunzeln, Augen schließen, Zähne zeigen/Backen aufblasen
    • Lokale Untersuchung (herpetiforme Bläschen insb. am/im Ohr?)
  • Lumbalpunktion als Routinediagnostik kontrovers diskutiert.
    Jedenfalls indiziert bei klinischem V.a. Neuroborelliose (bilaterale Facialis-Symptomatik, andere Nervenausfälle, nicht bewegungsabhängige, nächtlich betonte Lumboischialgie) oder Herpes Zoster

Therapie

  • Fehlender/grenzwertiger vollständiger Augenschluss:
    Augensalbe, Tränenersatz, Uhrglasverband
  • Idiopathische Fazialisparese: Prednisolon 60mg po. für 7d, dann Ausschleichen über 5 Tage (täglich Reduktion um 10mg)
    v.a. bei Therapiebeginn innerhalb von 48h ab Symptombeginn sinnvoll
  • Stationäre Aufnahme bei:
    • V.a. Zoster oticus: Aciclovir 5-10mg/kg/8h iv. oder Valaciclovir, Famciclovir, Brivudin (siehe auch Herpes Zoster) + Prednisolon (s. idiopathische Fazialisparese)
    • V.a. Neuroborelliose: Ceftriaxon 2g 1x /24h iv.

  • Zentrale Fazialisparese: Rücksprache Neurologie, neurologische Weiterbehandlung (je nach Ursache - Schlaganfall, Tumor). Meist rasche CT-Bildung; im Verlauf ggf. MRT.

Nichttraumatische Querschnittssymptomatik

Symptomatik:

  • Akute oder subakute motorische und/oder sensible Defizite an beiden (!) Beinen und/oder Armen
  • ggf. Störung Blasen-/Mastdarmkontrolle
  • „Klassische“ voll ausgeprägte Para- oder Tetraparese nicht immer typisch, Auftreten auch subakuter möglich.

Bei Trauma/Spontanfraktur bei Osteoporose: Siehe Rückenmarksverletzungen

Je nach Erkrankung teils gute Therapie-Optionen - zeitkritisches Agieren ist wichtig

Differenzialdiagnosen Überblick
  • Spinale Ischämie: Akutes Auftreten der Beschwerden, am häufigsten „A. spinalis-anterior-Syndrom“ (Paresen und dissoziierte Sensibilitätsstörung). Ätiologie meist Atherosklerose, allerdings auch häufig mit Aortendissektion oder -aneurysma vergesellschaftet → großzügige Indikation zum Ausschluss Aortensyndrom!
  • Spinales Epiduralhämatom (insb. bei vulnerablen, antikoagulierten Patient:innen daran denken). Subakut bis perakuter Verlauf.
  • Paramedianer Bandscheibenvorfall mit Rückenmarkskompression: Meist akute Beschwerden, Schmerzen.
  • Epiduralabszess (oft mit Spondylodiszitis): Meist subakuter Verlauf, Infektzeichen klinisch und im Labor
  • Tumorerkrankung mit Rückenmarkskompression: Meist Metastasen, sehr selten primär spinale Tumore (letztere meist mit sehr langsamem Verlauf)
  • Myelitis: Eher jüngere Patient:innen, meist keine Schmerzen, subakuter Verlauf. Unterschiedliche Ätiologien (immunologisch bei Multiple Sklerose, Neuromyelitis optika-Spektum oder viral, sehr selten paraneoplastisch, bakteriell)
  • Guillian-Barrè-Syndrom: Subakut progrediente Symptomatik (Stunden bis Tage), meist distal beginnende Muskelschwäche. Klinisch Hypo- bis Areflexie.
  • „Allgemeine Muskelschwäche“ (und keine Querschnittssymptomatik) z.B. bei AZ-Verschlechterung und Infekt, Elektrolytentgleisungen (v.a. Hypo-/Hyperkaliämie)
  • Selten: Sonderformen zerebraler Ischämien (Mantelkantensyndrom bei bilateralen A. cerebri anterior-Infarkt, Hirnstammischämie – hier in der Regel aber andere neurologische Begleitsymptome)
  • Seltene Ursachen einer (chronischen) Myelonschädigung: Vitamin B12-Mangel, Z.n. Strahlentherapie oder intrathekaler Chemotherapie

Checkliste akute nichttraumatische Querschnittssymptomatik

  • Anamnese / Klinik:
    • Zeitlicher Verlauf, Trauma, Schmerzen
    • Hinweis auf Infekt
    • Tumoranamnese
    • Stuhl- oder Harnblasenentleerungsstörung
  • Klinische Untersuchung: Ausmaß der Paresen, Höhe des sensiblen Levels, Muskeleigenreflexe, Blick auf die Wirbelsäule (Rötung/Schwellung/Stufenbildung, etc.)
  • Labordiagnostik (Ausschluss metabolischer Ursachen) inkl. Kalium, Blutbild, Gerinnung, Infektwerte
  • Akut-MRT der gesamten Wirbelsäule (wenn auch Arme betroffen: MRT der HWS ausreichend)
  • Bei V.a. Trauma / (osteoporotische?) Fraktur: CT Wirbelsäule
Spezifisches Prozedere je nach bestätigtem Krankheitsbild

immer enge Rücksprache mit der behandelnden Fachdisziplin (v.a. Neurochirurgie / Neurologie)

  • Rückenmarkskompression (Bandscheibenvorfall, Tumor, Epiduralabszess, Epiduralblutung): Akute neurochirurgische Intervention
  • Spinale Ischämie: Ausschluss Aortensyndrom; Rücksprache mit Neurologie - evtl. Off-Label-Thrombolyse diskutieren
  • V.a. Guillian-Barrè-Syndrom (typische Klinik, unauffälliges MRT): Lumbalpunktion
  • V.a. Myelitis: Lumbalpunktion

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Pelletier, J., Koyfman, A. & Long, B. Pearls for the Emergency Clinician: Posterior Circulation Stroke. J. Emerg. Med. 65, e414–e426 (2023).
  • Menon, B. K. et al. Intravenous tenecteplase compared with alteplase for acute ischaemic stroke in Canada (AcT): a pragmatic, multicentre, open-label, registry-linked, randomised, controlled, non-inferiority trial. Lancet 400, 161–169 (2022).
  • Sander, D. S1 Leitlinie Transiente Globale Amnesie. AWMF (2022).
  • Heckmann, J. S2k-Leitlinie Therapie der idiopathischen Fazialisparese (Bell’s palsy). AWMF (2022).
  • Ringleb, P., Köhrmann, M. & Jansen, O. S2e Leitlinie Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls. AWMF (2021).
  • Kägi, G. et al. Prähospitalphase beim akuten Hirnschlag. Swiss Méd. Forum Schweiz. Med.-Forum (2021) doi:10.4414/smf.2021.08726.
  • Gross, G. E. et al. S2k‐Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie. JDDG: J. Dtsch. Dermatol. Ges. 18, 55–79 (2020).
  • Ossa, N. P. de la et al. Design and Validation of a Prehospital Stroke Scale to Predict Large Arterial Occlusion. Stroke 45, 87–91 (2018).
  • DGN. S1-Leitlinie Querschnittlähmung. AWMF (2012).
  • Schwenkreis, P., Pennekamp, W. & Tegenthoff, M. Differenzialdiagnose der akuten und subakuten nichttraumatischen Querschnittslähmungen. Dtsch Arztebl 44, A-2948 / B-2566 / C-2467 (2006).

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