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HNO

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Fokus Präklinik

  • Atraumatische Epistaxis:
    • Oberkörper hochlagern, “Sniffing Position”, bds. manuelle Kompression Nasenflügel (mindestens 10 min.), ggf. Adrenalin lokal applizieren mittels Tupfer, Blut ausspucken lassen, auf Wärmeerhalt achten
  • Traumatische Epistaxis:
    • Tamponaden sehr zurückhaltend
    • Transportziel: Klinik mit HNO
  • Rachenblutung nach Tonsillektomie oder V.a. posteriore Epistaxis / Vor-OPs
    • Transportziel Klinik mit HNO, Vorankündigung!
    • Bei Atemwegssicherung: Fokus adäquate Absaugung (2 Absaugpumpen falls verfügbar), "SALAD-Konzept" erwägen

Epistaxis

Checkliste Epistaxis

  • Vorbeugen, Blut nicht schlucken!
  • Abschwellende Nasentropfen verabreichen, dann manuelle Kompression der Nasenflügel bds. für mindestens 10 min.
  • RR <220mmHg syst. primär nicht senken, solange Blutung nicht gestoppt ist (Blutdruck oft sekundär durch Stress, normalisiert sich bei Sistieren) - außer bei anderen, zusätzlichen Symptomen (hypertensiver Notfall)
  • Enorale/endonasale Inspektion: Bei persistierender Blutung nochmals manuelle Kompression 10-15 min.
  • Endonasale Therapie (falls persistierende Blutung):
    • Tranexamsäure über Tupfer lokal, ggf. als MAD
    • Koagel entfernen, Blutungsquelle identifizieren
    • bei persistierender Blutung und sichtbarer Quelle anteriore Blutstillung:
      Chemische Kauterisation (Silbernitrat 3-4 sek.)
      • Lokale Anästhesie mit Lidocain 4%
      • Niemals bilateral (cave Septumperforation!)
    • Falls frustran: anteriore Tamponade
  • Posteriore Blutstillung (Hinweis: Blutung trotz anteriorer Tamponade)
    • Überbrückende Therapie bis zu HNO-Vorstellung; Doppelballon-Tamponade. Falls nicht vorhanden: 14F Blasenkatheter nasal einführen, auf “Mundhöhe” mit Luft blocken, dann zurück aus Nase ziehen bis Widerstand

Angioödem

Akute Schwellung. Meist Lippen, Zunge und Rachen sowie oberen Atemwege, Augenlider, GI-Trakt (Bauchschmerz?), Genitalien (z.B. Skrotum), Extremitäten

Unterscheidung:

  • Histamin-vermitteltes Angioödem (Anaphylaxie)
  • Bradikinin-vermitteltes ("nichtallergisches") Angioödem
    • C1-Inhibitor-Mangel
      • angeboren: Hereditäres Angioödem (+ Auslöser z.B. Stress, Trauma, OP, Infektion, Schwangerschaft)
      • erworben: insb. durch maligne Erkrankungen / B-Zell Lymphome
    • Medikamenten-vermittelt: typisch ACE-Hemmer, AT-Blocker (Sartane), ARNI (Angiotensin Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor)
      • Auftreten auch nach jahrelanger Einnahme möglich
Angioödem - Unterscheidungshilfen

Angioödem - Formen:

Histamin-vermittelt
"klassische Anaphylaxie"

Bradikinin-vermittelt

Akuter Auslöser

Kontakt mit Allergen

Nein

Juckreiz / Urtikaria

Meistens

Nein

Generalisierte Symptome

Möglich, bis hin zu distributivem Schock / Bronchospasmus

Nein

Ansprechen auf
Antihistaminika / Kortikoide

Ja

Nein

Ausbreitung

Generalisiert / seitengleich

Asymmetrisch, teils einseitig

Checkliste nichtallergisches Angioödem

  • Immer zusätzlich Anaphylaxie-Therapie!
  • Bei rascher Progredienz der oropharyngealen Schwellung: Frühzeitige Atemwegssicherung erwägen (CAVE schwieriger Atemweg!)
    • Intubation meist notwendig bei Stridor, Dyspnoe, Hypoxie
  • Spezifizische Therapie
    • (Bekanntes) hereditäres Angioödem:
      • C1-Esterase-Inhibitor (Berinert®) 20IE/kg iv. oder
      • rekombinanter C1-Esterase-Inhibitor (Ruconest®) 50IE/kg iv. (ab >84kg: 4200IE iv.) oder
      • Bradykinin-Inhibitor Icatibant (Firazyr®) 30mg sc.
    • V.a. medikamentenassoziiertes Angioödem:
      • evtl. Icatibant (Firazyr®) 30mg sc.
        (schwache Evidenz)
      • Falls notwendig: Atemwegssicherung nicht verzögern!
Atemwegssicherung Angioödem - Herausforderungen

Die Fragestellung nach einer notwendigen Intubation ist in der Praxis sehr schwierig, evidenzbasierte Trigger zur Atemwegssicherung existieren nicht.

Relevant zur Entscheidung ist insbesondere die posteriore Zungenschwellung und das Larynxödem, weniger die vordere Zungen- und Lippenschwellung.

Bei akuter Atemnot oder rascher Progredienz der Schwellung umgehend Atemwegssicherung durchführen. Sonst zur Indikationsstellung möglichst Rhinoskopie durch HNO.

Atemwegssicherung immer durch erfahrenste Person, bei entsprechender Kompetenz fieberoptische Wachintubation in Erwägung ziehen. Durch Intubationsversuch kann die Schwellung akut zunehmen, immer primär mit optimalem Equipment (Videolaryngoskop, Bougie) sowie Koniotomiebereitschaft!

Trachealkanülen-Notfälle

Checkliste Dyspnoe bei Tracheostoma

  • O2-Gabe über Tracheostoma (bei Unklarheit ob laryngektomiert: O2 jeweils über Tracheostoma und Mund/Nase)
  • Tracheostoma Absaugen (Sekret? Durchgängig?)
    • Trachealkanüle (teilweise) durchgängig + keine adäquate Oxygenierung:
      • Beatmungsbeutel anschließen, Oxygenierung FiO2 100% - dann:
      • Dünnes Bronchoskop / flexible Fiberoptik: Lage korrekt? Durchgängigkeit?
        • Trachealkanüle primäres Problem → Wechsel Kanüle (s.unten)
        • Anderes Problem (Infekt, Lungenödem) → kausale Therapie!
  • Trachealkanüle nicht durchgängig + keine adäquate Oxygenierung → Wechsel Kanüle!

Andere Notfälle bei Tracheostoma-Träger:innen

Blutung: Lokale Blutung am Tracheostoma-Eingang (oft Tupfer ausreichend, ggf. Umstechung) DD pulmonale Blutung (Hämoptoe)

Infekt/Entzündung am Tracheostoma: HNO-Vorstellung, meist Kanülenwechsel; ggf. Bildgebung (CT) bei ausgeprägtem Weichteilbefund DD Abszedierung

Checkliste Wechsel Trachealkanüle

  • Verstärkung holen (HNO, wenn verfügbar)
    • Bronchoskop/flexible Fiberoptik bereithalten
  • Ersatz-Trachealkanüle vorbereiten
    • keine Kanüle verfügbar: Woodbridge-Tubus (Größe 6,0)
    • kein Woodbridge-Tubus verfügbar: Endotracheal-Tubus (Größe 6,0)
  • Bougie oder weichen Absaugkatheter mit abgeschnittenem „Anschlussstück" als Schienung einbringen, falls Kanüle noch minimal durchgängig
  • Aktuelle Kanüle entblocken und entfernen (optimal unter Absaugung)
    • Mit Nasenspekulum (o.Ä.), Öffnung möglichst aufhalten
  • Neue Trachealkanüle einführen und blocken
    • Falls Tubus: Nur bis zum Verschwinden des Cuffs in Trachea vorführen
    • Erschwertes Einführen: Bronchoskop/Fiberoptik einsetzen
  • Lagekontrolle:
    • Cuffdruckmessung (Ziel: ca. 20-30 cmH2O)
    • Auskultation (insb. bei Tubus: zu tief/einseitig beatmet?)
    • Besserung mit O2-Gabe?
  • Wechsel nicht möglich („Loch ist zu“): Intubation/Notfalltracheotomie
    • Versuch der orotrachealen Intubation (außer bei laryngektomierten Pat., hier keine orotracheale Verbindung vorhanden = Intubation unmöglich)
  • Intubation und Rekanülierung nicht möglich + kritische Hypoxie:
    • Chirurgischer Atemweg (erneute Notfalltracheotomie) auf Höhe der existenten TracheostomaÖffnung, evtl. Erweiterung nach kaudal - wenn verfügbar: HNO! Mit (Schilddrüsen-)Blutung rechnen!
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Memon, R. J. & Tiwari, V. Angioedema - StatPearls. (2023).
  • Wilkat, M. & Rana, M. MKG-Notfälle erkennen und behandeln – Teil 1: Entzündungen und Blutungen. Notaufnahme up2date 04, 225–247 (2022).
  • Mozet, C., Huseynov, J. & Fischer, M. HNO-Notfälle in der Notaufnahme: Interdisziplinär richtig (be)handeln. Notaufnahme up2date 2, 339–360 (2020).
  • Meyer, J., Graefe, H., Biermann, E., Kwiatkowski, A. & Strauß, S. Notfälle in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Notfallmedizin up2date 15, 189–205 (2020).
  • DGHNO-KHC. Obstruktive Sialadenitis. AWMF (2020).
  • DEGAM. S3 Leitlinie Halsschmerzen. AWMF (2020).
  • Bork, K. et al. Guideline: Hereditary angioedema due to C1 inhibitor deficiency. Allergo J. Int. 28, 16–29 (2019).
  • DGHNO. S2k-Leitlinie Antibiotikatherapie bei HNO-Infektionen. AWMF (2019).
  • Eschbach, T. SOP Erstmaßnahmen und Differenzialdiagnostik atraumatischer oraler Blutungen. Notfallmedizin up2date 13, 358–360 (2018).
  • Hahn, J. et al. Angioedema. Dtsch. Ärzteblatt Int. 114, 489–496 (2017).
  • DGHNO-KHC & DEGAM. Rhinosinusitis. AWMF (2017).
  • DGHNO. S1 Leitlinie Hörsturz. AWMF (2014).
  • DEGAM. S2K Leitlinie Ohrenschmerzen. AWMF (2014).
  • DGHNO-KHC. Akute Epiglottitis. AWMF (2001).

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