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  2. Abdomen, Haut, Extremitäten

Urogenitale Notfälle

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Killer

Red Flags

Fokus Präklinik

  • Akutes Skrotum: Transportziel Klinik mit Urologie, zeitkritisch

Harnwegsinfektion

Einteilung “kompliziert vs. unkompliziert” (anhand von Risikofaktoren) sowie “oberer vs. unterer” Harnwegsinfekt (oberhalb oder bis zur Harnblase).

Checkliste Harnwegsinfektion

  • Antibiotische Therapie
    • Unkomplizierte Harnwegsinfektion mit mildem Verlauf (kein Fieber, guter Allgemeinzustand): ev. keine Antibiose notwendig, symptomatische Therapie
    • Unkomplizierter unterer/oberer Harnwegsinfekt:
      • Meist po. Antibiose ausreichend: Pivmecillinam 400mg po.
    • jüngere Männer ohne zusätzliche Risikofaktoren: Nitrofurantoin RT 100mg po. erwägen
    • Pyelonephritis (nur ♀︎): Cefpodoxim 200mg po.
    • Komplizierter Harnwegsinfekt/Urosepsis: Ceftriaxon 2g iv.
  • Urinkultur: nur bei rezidivierenden unkomplizierten Harnwegsinfekten, Therapieversagen oder schwerem Verlauf, immer bei oberen und/oder komplizierten Harnwegsinfekten.

Unkomplizierte Harnwegsinfektion:

  • keine funktionellen oder anatomischen Anomalien
  • keine relevante Nierenfunktionsstörung
  • keine relevanten Vor- oder Begleiterkrankungen, insb. Diabetes mellitus, Immunsuppression, Chemotherapie

Bei typischer Symptomatik, weibliche Pat., keine komplizierenden Faktoren sowie fehlende vaginale Beschwerden (z.B. Ausfluss): Keine weitere Diagnostik notwendig!

Komplizierte Harnwegsinfektion:

  • Männlicher Patient
  • Schwangerschaft
  • Harnaufstau/Prostatavergrößerung
  • Harnleiter- oder Nierensteine
  • anatomische Anomalie (z.B. Harnblasendivertikel)
  • Einliegender Dauerkatheter
  • Postoperativ (Z.n. Nephrostomie / Doppel-J-Anlage)
  • Niereninsuffizienz
  • Z.n. Nierentransplantation
  • Immunsuppression (HIV, Diabetes, Leberinsuffizienz, Chemotherapie)
  • Diabetes mellitus (mit instabiler Stoffwechsellage)

Harnverhalt

Häufigster urologischer Notfall, benötigt rasche Entlastung (entweder transurethral oder suprapubische Drainage).

Checkliste Harnverhalt

  • Steinleiden, Vorerkrankungen / Operationen / Traumata?
  • Sono: Harnblase gefüllt? Nieren-Aufstau?
  • Labor je nach Klinik:
  • Entlastung mit Blasenkathether (urologische Rücksprache bei kürzlich erfolgter Operation oder bekannt schwieriger Anatomie), ggf. suprapubisch
    • Bei Harnblasentamponade: Spülkatheter anlegen und Spülen bis der Urin wieder klar ist, Kontrolle Gerinnungsparameter und Pausieren von Antikoagulantien

Urolithiasis/Nierenkolik

Steinobstruktion meist an einer der drei Engstellen der Harnwege: Übergang Nierenbecken - Ureter, Kreuzung Ureter - Iliakalgefäße, Einmündung in Harnblase. Massive, kolikartige einseitige Schmerzen, begleitend oft Vegetativsymptomatik. Gefährlichste Differentialdiagnosen: Niereninfarkt, Aortensyndrom.

Checkliste Nierenkolik

  • Urinstatus: Mikrohämaturie? (kein sicherer Ausschluss möglich), Schwangerschaftstest bei Frauen
  • Sono: Einseitiger Harnaufstau höchst hinweisend
  • Low Dose/„Stein-CT” Abdomen: Darstellung von Komplikationen, Lokalisation und Größenbestimmung des Steins
  • Analgesie: Metamizol/NSAR, ggf. Opioide
  • Rücksprache Urologie, Indikationen zur invasiver Steinentfernung durch Urologie u.a.:
    • Nicht beherrschbare Schmerzen
    • Stein > 6mm, irreguläre Oberfläche
      • Bei distalem Stein (>5mm + <10mm) ggf. medikamentöser Therapieversuch mit Tamsulosin 0,4mg 1x tgl.
    • Hochgradiger Nierenaufstau durch nachgewiesenen Stein
    • Urosepsis plus Steinnachweis

Hodenschmerz

Hodentorsion

Bei Hodenschmerz immer Hodentorsion ausschließen (schwere Komplikationen wie Infarzierung, Unfruchtbarkeit). Auftreten häufig nachts, bei Sport oder Trauma, häufig bei Säuglingen und in der Pubertät.

Typische Klinik:

  • “Akutes Skrotum“ (akuter, starker Schmerz)
  • Schwellung/Spannung - Hochstand des betroffenen Hoden
  • vegetative Begleitsymptome
  • Schmerzverstärkung bei Elevation des Hoden ("Prehn-Zeichen")

Checkliste Hodentorsion

  • Sofortige Uro-Vorstellung bei Verdacht
  • Falls Urologie nicht sofort verfügbar ggf. Versuch der manuellen Detorsion (vorher Analgesie!)
    • Eineinhalb Drehungen (540°) von medial nach lateral (“wie ein Buch aufklappen”)

Fournier-Gangrän

Erhöhtes Risiko bei Männern, >45 J., Immunsuppression, SGLT2-Inhibitor-Einnahme. Beginnend meist mit “simplem” Abszess, Risiko eines fulminanten Verlaufs mit nekrotisierender Fasziitis.

Hinweis: Massiver Schmerz, oft septisches Krankheitsbild; sonografisch evtl. Lufteinschlüsse im Gewebe.

Checkliste Fournier-Gangrän

  • Sofortige Uro-Vorstellung bei Verdacht, Notfall-OP-Indikation
  • Piperacillin/Tazobactam 4,5g iv. + Clindamycin 600mg iv. (s. Antibiotika)
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Böhm, L. & Fandler, M. Brennen beim Wasserlassen. Notaufnahme up2date 3, 7–10 (2021).
  • Seitz, C. et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis. Urol. 58, 1304–1312 (2019).
  • DEGAM. S3-Leitlinie Brennen beim Wasserlassen. AWMF (2018).
  • DGU. S3 Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF (2017).

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