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  2. Abdomen, Haut, Extremitäten

Flankenschmerz

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Killer

Red Flags

  • Abwehrspannung / „hartes“ Abdomen
  • Tachykardie / Schock
  • Fieber
  • Vigilanzminderung
  • Neurologische Ausfälle (auch intermittierende)
  • Z.n. Nierenkolik: Andersartige Schmerzsymptomatik

Erste Schritte

  • Anamnese + fokussierte klinische Untersuchung
    • Hinweis auf Red Flags oder gefährliche Differenzialdiagnosen? (Aortensyndrom, akutes Abdomen, ACS)?
    • Früher schon Nierensteine aufgetreten?
      • Erhöhte Vortestwahrscheinlichkeit, wenn bereits Steine aufgetreten sind
      • Falls Nierensteine bekannt: Schmerzen andersartig als bei früherem Auftreten?
    • Risikokonstellation:
      • Pat. >65 Jahre
      • V.a. Nierenstein + Hypotonie (Pat. normalerweise schmerzbedingt hyperton)
  • Adäquate Analgesie: Metamizol 1g iv. / NSAR, ggf. Opioide
  • Urinstatus inkl. Schwangerschaftstest bei gefährfähigen ♀︎
  • Labor inkl. Nieren-, Infektwerte
  • Sonografie Nieren, Aorta

Tipps

Wichtige Differenzialdiagnosen bei Flankenschmerz:

Fokus Präklinik

  • Red Flags prüfen, Killer aktiv erwägen
  • Erste Schritte, insb.:
    • Klinische Untersuchung
    • 12-Kanal-EKG
      • Bei Verfügbarkeit: Sonografie - Nierenaufstau?
    • Anamnese: Vor-OPs? Bekannte Nierensteine?
    • Analgesie
  • Transportziel:
    • V.a. Nierenkolik: Urologie
    • Unklare / diffuse Symptomatik: Klinik mit Urologie, optimal + Innere Medizin + Allgemeinchirurgie

Urolithiasis / Nierenkolik

Steinobstruktion meist an einer der drei Engstellen der Harnwege: Übergang Nierenbecken - Ureter, Kreuzung Ureter - Iliakalgefäße, Einmündung in Harnblase.

Überwiegend Männer im mittleren Alter betroffen. Genese sowie weitere Prognose ist abhängig der Steinzusammensetzung.

Symptomatik:

  • Massive, kolikartigen Schmerzen (Schmerzen entstehen meist nicht durch Stein selbst, sondern durch Druckerhöhung im Nierenbeckenkelchsystem)
  • Häufig sind Patient:innen unruhig und können nicht still liegen / sitzen
  • Begleitende vegetative Symptomatik (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Tachykardie)
  • Schmerzlokalisation abhängig von der Steinlokalisation (Oberbauch bis in die Leistenregion / Genitalien ausstrahlend)

Checkliste V.a. Nierenkolik

  • Urinstatus
    • Mikrohämaturie (Hinweis pro Konkrement, allerdings kein Ausschluss eines Konkrements falls nicht vorliegend)
Labor
  • Kreatininanstieg bei einseitiger Obstruktion und an sich gesunden Nieren nicht zu erwarten
  • Ionisiertes Ca: Falls erhöht Parathormon + Vitamin D-Spiegel
  • Harnsäure (akut ohne Konsequenzen, aber wichtig für Verlauf bzw. mögliche Entlassung in ambulante Versorgung)
  • Sonografie
    • Einseitiger Harnaufstau hinweisend
    • Andere Konkremente / Stein im Ureter sichtbar?
    • Immer auch Blick auf Aorta: Hinweis auf Aortensydrom / ggf. durch Aneurysma bedingter Harnaufstau
  • Low Dose CT-Abdomen („Stein-CT”) ohne KM
    • KM nur notwendig bei etwaigen anderen kritischen Differentialdiagnosen
    • Darstellung von Komplikationen, Lokalisation und Größenbestimmung des Steins (wichtig für die Disposition und das weitere Prozedere)
  • Symptomatische Therapie
  • Spezifische Therapie:
    • Spontaner Steinabgang unter symptomatischer Therapie möglich bei Konkrement <5 mm, distale Steinposition im Ureter
      • Dauer zwischen 7 und 10 Tagen
      • Empfehlung: ausreichende Trinkmenge und Bewegung (Treppenlaufen)
      • ggf. Ergänzung um Tamsulosin 0,4mg /24h po. (off label)
      • Ambulante Urologische Anbindung, Steinanalyse (wenn möglich)
    • Typische Indikationen für urologische Intervention (meist DK Schienen, ggf. perkutane Nephrostomie):
      • Stein >6 mm, irreguläre Oberfläche (Spikes)
      • Nicht beherrschbare Schmerzen
      • Hochgradiger Nierenaufstau durch nachgewiesenen Stein
      • Urosepsis plus Stein
Sonderfall Schwangere
  • Nierensteine sind bei Schwangeren nicht selten (Inzidenz 1/1500)
  • Symptome gleich wie bei Nicht-schwangeren Frauen (Flankenschmerzen und mögliche Hämaturie)
  • Schwierigkeit: Nierenaufstau durch Schwangerschaft oder durch Steinleiden? Sonografische Beurteilbarkeit je nach Uterusstand oft eingeschränkt
  • Prinzipiell ist Low-Dose-CT oder MRT möglich, sollte aber interdisziplinär besprochen werden

Milzinfarkt

Symptomatik:

  • Meist akuter Flankenschmerz linksseitig), ev. Singulus (Zwerchfellreizung)
  • Infektzeichen (v.a. bei infektiöser Ursache, s.u.)

Ursachen

  • Endokarditis (typisch) bzw. andere schwere Infektionen (Pneumonie)
  • Sichelzellerkrankung
  • AV-Malformation
  • Gerinnungsstörungen (z.B. Antiphospolipid-Syndrom)

Vorgehen

  • Diagnostik: CT Abdomen mit Kontrastmittel
  • Therapie:
    • Behandlung der Grunderkrankung
    • üblicherweise Antikoagulation bei kardioembolischer Ursache oder Gerinnungsstörung
    • Bei Abszess fast immer OP / Splenektomie notwendig

Niereninfarkt

Symptomatik:

  • Einseitiger Flankenschmerz (generell ähnlich wie Nierenkolik oder Pyelonephritis)
    • Daran denken bei „V.a. Nierenkolik“ / Pyelonephritis ohne typischen Sono-/klinischen Befund und erhöhtem vaskulären Risiko / Z.n. gefäßchirurgischer OP
  • Fieber, Übelkeit, Erbrechen
  • ev. hypertensive Entgleisung
  • Sonderfall: Akute Nierenfunktionseinschränkung nach gefäßchirurgischen Interventionen

Ursachen

  • Vorhofflimmern
  • Cholesterinembolisation (nach gefäßchirurgischen Interventionen)
  • Plaqueruptur aortaler arteriosklerotischer Plaques
  • In Situ Thrombus der A. renalis (pro-thrombotischer Zustand)
  • Endokarditis
  • Gerinnungsstörungen (z.B. Thrombophilie, Antiphospolipid-Syndrom)

Vorgehen

  • Diagnostik:
    • Urinstatus: Mikrohämaturie
    • Labor: LDH Erhöhung, bei Cholesterinembolisation ggf. Eosinophilie, Leukozytose, (Hypo-Komplementämie)
    • Nachweis via Duplex-Sonografie (falls verfügbar/kompetent), sonst CT+Kontrastmittel
    • Suche nach weiteren Embolisationen (Haut, GI-Trakt, Augen, Gehirn)
  • Therapie:
    • Antikoagulation
    • Symptomatische Therapie (Analgesie)
    • In Einzelfällen (v.a. bei Komplettverschluss <6h, Arterien-Dissektion) ggf. interventionell-radiologische / gefäßchirurgische Intervention

Nierenvenenthrombose

Symptomatik:

  • Einseitiger Flankenschmerz (linke Niere häufiger betroffen)
  • Akute Nierenfunktionseinschränkung
  • subfebrile Temperatur
  • Hämaturie
  • Übelkeit, Erbrechen

Ursachen und Risikofaktoren

  • Endothelschäden (Homozystinurie, endovaskuläre Interventionen, chirurgische Eingriffe)
  • Venöse Stase (in der Pädiatrie durch Dehydratation, Kompression oder „Kinking“ der Nierenvenen bei Retroperitonealfibrose (M. Ormond), abdominelle Neoplasien z.B. Nierenzellkarzinom)
  • Gerinnungsstörungen (z.B. Antiphospholipid-Syndrom, Protein-C- / -S-Mangel)
  • ev. im Rahmen von Lungenarterienembolien

Vorgehen

  • Diagnostik
    • Nachweis via Duplex-Sonografie (falls verfügbar/kompetent), sonst CT+Kontrastmittel
  • Therapie
    • Antikoagulation und Behandlung der Grunderkrankung
    • lokale Lyse ggf. mit interventioneller Radiologie diskutieren
    • Nephrektomie als Ultima Ratio
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Suárez, V. SOP Leitsymptom Flankenschmerzen. Notaufnahme up2date 06, 13–19 (2024).
  • Schmelz, H.-U., Sparwasser, C. & Weidner, W. Facharztwissen Urologie 3. Auflage. (Springer Medizin, 2023).
  • Seitz, C. et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis. Urol. 58, 1304–1312 (2019).
  • Hofmockel, G. & Frohmüller, H. Ausgewählte urologische Notfälle. Dtsch Arztebl 99, 2780–2791 (2002).

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