1. Leitsymptome
  2. Skills und Techniken

Schrittmachertherapie im Notfall

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Tipps

  • Erfolg der Schrittmachertherapie immer doppelt prüfen:
    • Gibt es einen mechanisches Auswurf in der Frequenz der Stimulation? (Prüfen mittels Tasten des Femoralispulses, (guter) SpO2-Kurve und/oder arterieller Blutdruckmessung)
    • Potentielle Fehler: Fehleinschätzen von Muskelzuckungen oder Artefakten im Monitoring-EKG als "Capture"

Transkutane Schrittmachertherapie (Pacing)

Im Notfall kann durch Defi-Patches eine externe Schrittmachertherapie erfolgen. Da diese Form des Pacing schmerzhaft ist, ist eine parallele Analgosedierung notwendig und das Verfahren nur als Überbrückung bis zur definitiven Therapie geeignet.

Wichtig ist das Erreichen von „Capture“, also eines Stromimpulses, der ausreicht um einen mechanischen Herzschlag auszulösen (minimal ausreichende Stromstärke wird als Reizschwelle bezeichnet).

Checkliste Transkutanes Pacing

  • Defi-Patches
    • Anterior-Posterior (AP): vorne unterhalb der linken Brust, hinten parasternal links auf Höhe der anterioren Elektrode
      • bei bereits klebenden sternal/apikalen Elektroden ist ein Umkleben nicht erforderlich
      • bei vorhandenem Schrittmacher/ICD möglichst 8cm Abstand zum Aggregat
  • Sicherer iv-Zugang, vollständiges Monitoring (EKG, SpO2, RR; optimal Kapnografie)
  • Analgosedierung (z.B. "Ketofol": Esketamin 10mg + Propofol 20mg iv. -Boli bis zur adäquaten Wirksamkeit)
  • Geräteeinstellungen
    • Periarrest:
      • Herzfrequenz 80/min
      • Stromstärke (80-)120mA
        Stromstärke schrittweise reduzieren bis zur Reizschwelle,
        dann Reizschwelle + 10mA als "Puffer" belassen
    • "Semi-Stabil":
      • initiale Herzfrequenz 70-80/min, dann nach Bedarf anpassen
      • Stromstärke mit 10mA starten
        schrittweise steigern bis zur Reizschwelle, dann Reizschwelle + 10mA als "Puffer" belassen
  • Erfolgskontrolle (= kann der Stromschlag einen Herzschlag auslösen?)
    • SpO2 Sensor (misst peripheren Puls zusätzlich zur Sättigung)
      Am Arm teils zu viele Bewegungsartefakte - Tipp: Zehe!
    • Puls femoral tasten (CAVE: am Hals könnten Muskelzuckungen als Puls fehlgedeutet werden, radial bei Schock oft kaum tastbarer Puls)
    • Invasive Blutdruckmessung (arterielle Druckkurve zeigt Erfolg direkt)
    • CAVE: Am EKG können sog. „Ghost-Artefakte“ Erfolg vortäuschen, daher immer Puls tasten/monitoren!
  • Weiteres Vorgehen:

Transvenöse Schrittmachertherapie im Notfall

Insb. bei semi-stabilen Patient:innen (z.B. Laktat erhöht, Organschaden unter Bradykardie) ohne sofortigen Handlungsbedarf kann unter intermittierender Frequenzsteigerung mit Adrenalin-Perfusor oder (offlabel, jedoch Empfehlung ERC Leitlinie) Isoprenalin-Perfusor ein transvenöser Schrittmacher eingeschwemmt werden.

Vorteile/Nachteile transvenöser Schrittmacher vs. transcutanes Pacing:

  • + transvenös deutlich höherer Pat.komfort (keine dauerhafte Analgosedierung notwendig)
  • + transvenöses Pacing über längeren Zeitraum problemlos möglich
  • - Sondendislokation bei transvenösem Pacing möglich
  • - Anlage des transvenösen Schrittmachers invasiver und technisch anspruchsvoller sowie im Notfall zeitaufwändig
Equipment für transvenöse Schrittmachertherapie

(an lokale Sets / Geräte anpassen)

  • 6Fr. Schleuse (inkl. Dilatator, Seldingerdraht, Punktionsnadel)
  • Schrittmacherelektrode bzw. Sonde
  • Elektrodenschutzhülle (in passender Größe zur Schleuse)
  • Lokalanästhetikum + Spritze, Kanüle
  • Nahtmaterial zur Schleusenfixierung (Faden/Nadel, Nadelhalter)
  • Skalpell (z.B. 11er Klinge)
  • Steriles Arbeitsmaterial: Abdeckung, Desinfektionsmittel, Lochtuch, sterile Handschuhe, OP-Haube, Mundschutz
  • Schrittmacheraggregat
  • Ultraschallgerät (Sektor und Linearschallkopf) inkl. steriler Abdeckung

Checkliste Transvenöse Schrittmachertherapie im Notfall

Vorbereitung Patient:in
  • wenn möglich aufklären
  • Flachlagerung im Bett v.a. während Schleusenanlage
  • komplettes Monitoring mit lautem QRS-Ton und aktivierter Schrittmacher-Erkennung im Monitor
  • ggf. leichte Analgosedierung
  • Anlage venöse Schleuse (6 Fr.) rechts jugulär (alternativ z.B. linke V. Subclavia)
    • Anlage ähnlich der ZVK Anlage: Sonografisch gestützte Gefäßpunktion, Seldingerdraht einbringen, dilatieren, Schleuse vorschieben, sonographische Lagekontrolle (+ggf. BGA)
  • Schrittmachersonde einschwemmen
    Sonde 12cm einführen, dann Ballon entfalten und Sonde vorsichtig weiterschieben
Schrittmachersonde einschwemmen - Details
  • Schrittmachersonde durch sterile Sondenabdeckung fädeln
    (Abdeckung unbedingt zusammengefaltet belassen und korrekte Richtung prüfen - Abdeckung kann nur in einer Richtung mit Schleuse konnektiert werden)
  • „Blockerspritze“ an Schrittmachersonde befestigen und Ballon prüfen (aufblasen und wieder vollständig entlüften)
  • Schrittmachersonde über Schleuse 12cm einführen (Elektrode hat üblicherweise eine vorhandene Biegung, diese sollte in Richtung Herz zeigen)
  • Nach 12-15cm Ballon entfalten und Sonde vorsichtig weiterschieben
  • Platzieren der Schrittmachersonde (Sonde sollte optimalerweise selbstständig an der Spitze des rechten Ventrikels zum Liegen kommen, es existieren im zwei Techniken zur Platzierung)
Sonografisch kontrollierte Anlage (empfohlen)

Durch 2. Person subxiphoidale Echokardiographie:

  • Im dargestellten rechten Ventrikel sollte die Sonde bzw. der entfaltete Ballon erkannt werden, die korrekte Position (Spitze rechter Ventrikel) kann sonografisch "live" verfolgt werden)
  • Nach Passieren der Trikuspidalklappe Schrittmacher mit dem Aggregat verbinden, dann Stimulation mit 5mA
  • Optimale Position:
    • Sonde sonographisch an der Spitze des rechten Ventrikels dargestellt und
    • Ausreichende Stimulation erfolgt
  • Dann Ballon entleeren und Elektrode fixieren

Falls nach 30cm Sondeneinführung kein Ballon im rechten Ventrikel darstellbar, Ballon entleeren und Sonde auf 15cm zurückziehen - dann erneuter Versuch.

"Blindes Einschwemmen"
  • Schrittmacheraggregat anschließen und 5mA Stimulation einstellen
  • langsames Vorschieben der Elektrode, bis Stimulation erfolgt
  • Ballon entleeren und Elektrode fixieren
  • Fixierung Schrittmacher
    • Elektrodenschutzhülle entfalten und über Sonde ziehen
    • Schleuse fixieren und "festdrehen" (Sonde darf nicht dislozieren!)
    • Schrittmacheraggregat an Oberarm fixieren und immer Ersatzbatterie in Pat.nähe belassen
  • Aggregat einstellen (s. unten)
  • 12-Kanal EKG
  • Bettruhe, Intensivmedizinische Überwachung; reversible Ursachen für Bradykardie behandeln oder Implantation permanenter Schrittmacher

Aggregat-Einstellung

Kreislaufinstabil/kritische Patient:in

  • Modus: SSI
  • Rate (Frequenz): 80/min
  • Amplitude: maximal
  • Sensing: 20mV

Nicht-kritische Patient:in

  • Modus: Beginn meist mit SSI (= inhibiert durch Patientenryhtmus)
    • weitere übliche Modi: S00 (starrer Rhythmus), SST (keine Stimulation in der refraktären Periode)
  • Frequenz (Stimulation/Minute) - "Rate"
    • Beginn meist mit 70-80/min (aber mind. 20/min mehr als Herzfrequenz des Pat.)
  • Amplitude (Stromstärke die für Stimulation abgegeben wird)
    • Beginn meist hoch (12V), später doppelte Reizschwelle
  • Sensing (Impuls, der vom Schrittmacher als Pat.rhythmus erkannt wird)
    • Beginn meist mit 20mV
    • weitere Anpassung:
      • Pat.-Eigenrhythmus wird nicht erkannt: mV verringern
      • Schrittmacher erkennt falsch "zu viel" Eigenrhythmus: mV erhöhen

Reizschwelle prüfen:

  • Notwendig nach jeder Manipulation an Schleuse/Elektrode
  • Amplitude langsam reduzieren bis Pulsschlag/QRS nach Stimulation aussetzt = Reizschwelle
  • Dann dauerhafte Amplitude verdoppeln (etwa 4-6 V)

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Soar, J. et al. Erweiterte lebensrettende Maßnahmen für Erwachsene. Notfall Rettungsmedizin 24, 406–446 (2021).
  • Fleischmann, T. & Hohenstein, C. Klinische Notfallmedizin Band 2 Skills: Emergency Medicine nach dem EU-Curriculum. (2021).
  • Graf, M., Stiller, P. & Karch, M. Passagerer Herzschrittmacher – Schritt für Schritt. Kardiologie up2date 14, 209–215 (2018).
  • Reichmann, E. F. Reichman’s Emergency Medicine Procedures. (2018).

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