1. Leitsymptome
  2. Skills und Techniken

Intensivtransport

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Erste Schritte

Vor Transport

  • Rücksprache Klinik mit Leitstelle und dann Transportmittel
    • Patient:in + aktuelles Problem
    • Verlegungsgrund
    • Gewicht (+ Durchmesser - relevant für Hubschraubertransport)
    • Aktuelle Therapie (Beatmungsform, Medikation/Perfusoren, spezielle Devices wie SM, ECMO etc.)
    • Keime / Isolation
    • Zielklinik (Kontaktperson, Telefonnummer)

Tipps

Das "Intensivtransport-ABCDE" - schneller Überblick

  • Atemweg: Wie gesichert? Fixierung intakt / optimierbar?
  • Beatmung: Sedierung/Narkose, aktuelle BGA, O2 (doppelter Vorrat), Beatmungsproblem?
  • Circulation: Katecholamine (inkl. Vorrat), PushDose Pressor bereit?
  • Disability: Sedierung adäquat? ("Pressen" bei intubierten Pat. vermeiden)
  • Environment: Zugänge fixieren, extra Schläuche?
    • ECMO: 1 Person nur für Kanülen-Sicherheit

Vor Transport

Klinik

Checkliste Klinik VOR Eintreffen Intensivtransport

  • Nicht essentielle Therapien beenden (z.B. Antibiose, Ernährung)
    • Anzahl Perfusoren auf das Nötigste reduzieren
  • (Kurz-)Arztbrief fertigstellen inkl. Mikrobiologie-Befunde / Keimnachweise
  • Aktuelle BGA abnehmen, keine kurzfristigen Änderungen der Beatmungseinstellungen
  • Radiologie-Bilder organisieren (CD / digitale Übermittlung)
  • Angehörige / Betreuer über Verlegung informieren

Checkliste Rettungsdienst VOR Eintreffen an Klinik

(Telefonisches Übergabegespräch hat bereits stattgefunden)

  • Kapazitäten prüfen!
    • Sauerstoffkapazität (wie viele Liter)
    • Geräte-Kapazität (Anzahl Perfusoren, Überwachungsmöglichkeit Arterie etc.)
    • Team-Kapazität (Kompetenz): Ist das Team in der Lage den angekündigten Pat. zu transportieren?

Übergabe

Checkliste Übergabe

  • Übergabe nach standardisiertem Schema (SBAR / ATMIST / SINNHAFT), insb. Fokus auf
    • Kurze Wiederholung Patient:in (Erkrankung, Grund für Verlegung)
    • Aktueller Status (inkl. aktuelle BGA)
      • Akute Probleme
    • Therapielimitierung, Betreuung? (Angehörige informiert?
  • Team-Time Out
    • Optimierung der Situation vor Ort notwendig/möglich? (z.B. muss Pat. intubiert werden, Katecholamine begonnen werden etc.)
    • Probleme für den Transport antizipieren
      • Probleme der letzten 24-48h - Intensiv-/Notfallpflege befragen! (z.B. "Pressen" oder Kreislaufinstabilität beim Umlagern / Manipulation etc.)
      • Atemweg für Transport ausreichend sicher? (je nach Transportmittel, z.B. im Hubschrauber schwierig am Transport zu intubieren)
      • Medikamente - Restlaufzeit/Ersatz im Wagen? (ggf. Ersatz mitnehmen / z.B. durch ICU aufgezogene Perfusorspritzen)
  • Patient:in (wenn wach) aufklären über Transportsituation und Besonderheiten (unbequeme Trage, Wackeln, Fahrzeit)

Umlagerung

Hinweis: Verschiedene Umlagerungskonzepte sind publiziert und werden verwendet - wichtig ist gemeinsames Vorgehen und stetige Absprache im Team. Hier ein pragmatisches Schema mit Fokus auf beatmete, kritisch Kranke:

Checkliste Umlagerung

  • Prä-Check: Team "10for10" inkl. Aufgabenverteilung
  • Umlagerung
    • 1. Monitoring
    • 2. Beatmung (Tubus abklemmen ab PEEP >5 cm H2O)
    • 3. Perfusoren (je höher dosierte Katecholamine, desto eher überlappend anlaufen lassen)
    • 4. Patient:in auf Transportliege
  • Post-Check: Patient:in, Team, Alarme
    • ggf. kurz abwarten, ob Änderung der Perfusoren und Beatmung funktioniert
  • Ready for Take Off?
    • Alle besonderen Geräte (Ladekabel?) dabei? Pat. eigentum?
Reihenfolge: Beatmung oder Perfusoren zuerst?

Das frühzeitige Umstecken der Beatmung auf die meist technisch der Intensivbeatmung unterlegene Transportbeatmung gibt dem Team die Möglichkeit, etwaige Veränderungen und Anpassungen vorzunehmen (kein "Abschmieren im Aufzug"). Bei "entspannter" Beatmung und gleichzeitig hochdosierter / komplexer Katecholamintherapie kann - immer nach entsprechender Team-Kommunikation auch eine veänderte Reihenfolge (z.B. Monitoring - Perfusoren - Beatmung - Patient:in) sinnvoll sein.

Sonderfälle

Isolation

Checkliste Isolation + Intensivtransport

  • Welcher Keim (Hautkeim, im Atemweg?)
  • Beatmung + Keim im Atemweg
    • HME Filter
    • ggf. Tubus - Konnektor festkleben (je nach Keim / Gefahr, häufigste Stelle der akzidentellen Dislokation)
  • Hauptübertragung: Hände - auf Hygiene achten
  • Keim-Anamnese der Klinik (inkl. Mikrobiologie-Befunde) mitnehmen

ECMO und Co.

Überblick - ECMO

ECMO ist eine Herz- und/oder Lungenunterstützung, die in Zentren bei kritisch Kranken Pat. implantiert werden kann.

  • Venovenöse ECMO (vvECMO): "Lungenersatz" (eine Kanüle zieht sauerstoffarmes Blut aus V.Cava ab, ECMO oxygeniert und decarboxyliert, zuführende Kanüle gibt sauerstoffreiches Blut vor dem rechten Herzen in V.Cava wieder ab. Typischer Einsatz: ARDS
  • Venoarterielle ECMO (vaECMO): "Herzersatz" (eine Kanüle zieht sauerstoffarmes Blut aus V.Cava ab, ECMO oxygeniert und decarboxyliert, zuführende Kanüle gibt sauerstoffreiches Blut mit hohem Fluss retrograd über Arteriensystem vor dem linken Ventrikel ab. Typischer Einsatz: Komplexe / prolonierte Reanimation mit akutem kardialen Pumpversagen
  • Für spezielle ECMO-Maschine eingewiesenes Personal MUSS Transport begleiten!
  • Ein Teammitglied (nicht Teamleader) ist "Kanülenbeauftragte:r", ohne "OK" dieser Person wird Pat. nicht bewegt.
    • Kritischeste Moment: Umlagerung, Transfer in / aus RTW / Hubschrauber.
  • Kritische Notfälle vorab besprechen und Team zu Vorgehen abstimmen
    • Jedes Teammitglied verfügt über "Notfall-Klemmen". Bei Dislokation klemmt jede:r so schnell wie möglich

Beatmung an VV-ECMO

Fokus „Ultraprotektive Beatmung“

  • Klinikbeatmung übernehmen
  • VT meist 3-4 (max. 6) ml/kg, AF 8-10/min, PEEP eher hoch (je nach Lungenpathologie)
  • Meist FiO2 ≥60%

Notfall - Kanülendislokation

Kritischster Notfall, durch hohe Flussrate kann Pat. binnen 1-2 Minuten blutleer sein. Insbesondere die zuführende Kanüle ist gefährlich (Länge meist "nur" 15-18cm).
Wichtig: Sofortiges Vorgehen (vorab im Team besprechen)

  • Klemmen (beide Schläuche, die zur ECMO führen)
  • Einstichstelle fest komprimieren (mit Faust)
  • Beatmung eskalieren

Notfall - Pumpenstillstand

Ausfall der elektronischen Pumpe, ECMO zirkuliert nicht mehr. Kritischer Notfall. Unterschiedliche ECMO-System haben verschiedene Back-Up-Systeme (zweite elektronische Pumpe vs. Handkurbel). Bei Handkurbel-System:

  • Oxygenator von ECMO entfernen und in Handkurbel positionen
  • Kurbel (im Uhrzeigersinn) drehen
  • LED-Anzeige beachten (zeigt korrekte Flussrate an)

Schläuche „schlackern“

Falls die ECMO Schläuche "schlackern" kann es sich um ein Ansaug-Phänomen handeln (DD Wackeln des Transportmittels). Vorgehen bei V.a. Ansaugen:

  • Blutfluss reduzieren
  • Volumengabe (250-500ml VEL Volumenchallenge)
  • Blutfluss dann langsam wieder steigern

IMPELLA®

Herz-Unterstützungssystem mit einzelner Kanüle im linken Ventrikel. Oxygeniertes Blut wird von Impella-System aus dem linken Ventrikel und in das Kreislaufsystem befördert. Aufgrund intraventrikulärer Lage ist die Position der Impella®-Pumpe höchstgradig wichtig - wenige cm können zu eingeschränkter Funktion / Funktionsausfall führen (optimal Kennzeichnung der Kanülentiefe an der Haut / Kathetertiefer notieren)

Typischer Einsatz: Herzversagen bei fulminantem Myokardinfarkt mit höchstgradig eingeschränkter LV-EF.

Ansaugen der Impella®-Kanüle

  • Position checken (Markierung? Darstellung der Impella(r) im fokussierten Echokardiografie möglich und korrekt?)
  • Hypovolämie? (wenn ja / Verdacht: Volumengabe (250-500ml VEL Volumenchallenge, dann Re-Evaluation)

VAD

Ventrikuläre Unterstützungssystem ("Kunstherz"). Details: siehe auch VAD.

Zentrale Prinzipien:

  • Niemals "Driveline" (Kabel von Akkupack in Patient:in) beschädigen / durchschneiden
  • Bei Transport: Ersatz-Akkus + Ladekabel nie vergessen
  • LVAD haben einen kontinuierlichen Fluss, daher kann nichtinvasiv kein verlässlicher Blutdruck gemessen werden
    • wenn Überwachung wichtig: Arterielle Blutdruckmessung, an "MAP" orientieren.

Innerklinische Verlegung

Vor der internen Verlegung kritisch Kranker z.B. auf die Intensivstation, in den OP oder zu Diagnostik:
Kurzes Team-Time-Out und Organisation (bei hochkritischen Patient:innen an Situation angepasst) - Akronym "TOP-D"

Checkliste Transport kritischer Patient:innen ("TOP-D")

  • Team Time Out
    • Briefing: Aktuelle Situation, Kurzzusammenfassung
    • Plan: Wo geht es hin und was passiert dann? (z.B. Zum CT und nach CT in den OP?)
      • Sind Zielorte informiert / bereit? (CT, Intensiv, OP…) → anrufen!
    • Potentiell erwartbare Probleme (z.B. maligne Rhythmusstörung, Instabilität beim Umlagern)
    • „Haben wir etwas vergessen?"
  • Organisation
    • Kabel sortieren (ggf. mit Klemmen / Klettbändern)
      • Drainagen & Zugänge prüfen und ggf. nochmals fixieren
      • Auf Abknicken achten!
    • Vorräte ausreichend?
      • Sauerstoffflasche ausreichend?
      • Füllstand Perfusoren ausreichend?
      • Infusionswechsel nötig?
    • Notfallmedikation / -equipment (Was muss mit? Je nach zu erwartenden Problemen)
      • Beatmungsbeutel + Maske (obligat bei invasiver Beatmung)
      • PushDose Pressor bereithalten
      • Defibrillator (obligat bei Myokardinfarkt / Rhythmusstörung)
  • Patient:in
    • Sedierung ausreichend? Pressen / Aufwachen vermeiden!
      • Evtl. Bolusgabe Sedativum (z.B. Ketamin)
      • Evtl. Bolusgabe Analgetikum (z.B. Fentanyl) für folgende Umlagerung
    • Vitalwerte: Akute Intervention nötig?
  • Dokumentation (bei Verlegung nach Extern!)
    • (Kurz-)Brief
    • Relevante Bildgebung in lesbarem Format (z.B. gebrannte CD)
    • Exakte Zielstation, möglichst mit Namen der übernehmenden Person und Telefonnummer
    • Information an Zielstation/-klinik, sobald Transport beginnt
    • Team Time Out gemeinsam mit übernehmendem Team vor Umlagerung
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Gottschalk, A., Hannappel, L. & Jacobsen, N. Interhospitaltransfer. Notfallmedizin up2date 19, 29–45 (2024).
  • Feth, M. et al. Interhospitaler Intensivtransport. Med. Klin. - Intensiv. Notfallmedizin 118, 73–83 (2023).
  • Feth, M. et al. ECMO im Intensivtransport – Was ist wichtig für den Notarzt? Notarzt 38, 38–51 (2022).
  • Wolter, B., Mannebach, T. & Krüger, L. Temporäre Hilfe für das Herz. intensiv 29, 230–234 (2021).
  • Lotz, G. Organersatzverfahren: Update Herzersatz- und -unterstützungsverfahren. AINS - Anästhesiologie Intensiv. Notfallmedizin Schmerzther. 55, 150–164 (2020).
  • Hecker, U. & Schramm, C. Praxis Des Intensivtransports. vol. 2. Auflage (Springer, 2018).
  • Flemming, A. Intensivtransport. Anästh Intensivmed 59–68 (2013).

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