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  2. Kindernotfall

Kinderreanimation

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Erste Schritte

  • Keine Reaktion / Schnappatmung: Mit Reanimation beginnen!
    • Beatmungsbeutel sofort verfügbar:
      Initial 5 Beatmungshübe, dann Beginn Herzdruckmassage (15:2)
    • Beutel nicht sofort verfügbar → direkt Beginn Herzdruckmassage (15:2)
    • Hebt sich Brustkorb bei Beatmung adäquat? (Wenn nein: Atemweg verlegt?)
  • Monitor / Defibrillator anbringen + Rhythmus-Check
    • Schockbarer Rhythmus: 4J/kg
    • Nicht-Schockbarer Rhythmus: Adrenalin 0,01mg/kg (Dosierungshilfen siehe unten)

Tipps

Drei Alterskategorien bei Verhältnis Thoraxkompression:Beatmung

  • Neugeborene unmittelbar nach Geburt: 3:1
    (wenn trotz Blähmanöver/Beatmung HF<60/min): Siehe Neugeborenen-Versorgung
  • Kinder („sehen aus wie Kinder“): 15:2
  • Erwachsene („sehen aus wie Erwachsene“): 30:2: Siehe Erwachsenen-Reanimation

Häufigste Ursachen für Kreislaufstillstand bei Kindern

  • Hypoxie
  • Hypovolämie

Häufigste Fehler bei Kinderreanimation

  • Zu lange Pausen der Thoraxkompression (z.B. für Venenzugang oder Intubation)
  • Thoraxkompressionen zu schnell/flach = ineffizient
  • Zu viel Fokus auf Intubation statt auf gute Oxygenierung
  • Dosierungsfehler → Hilfsmittel (Kindertabellen) nutzen!

Fokus Präklinik

  • Reanimation 15:2
  • Fokus auf gute Herzdruckmassage + Beatmung
    • präklinisch Beutel-Beatmung mit 2-Helfer-Methode (oder Larynxmaske) völlig ausreichend, Intubation nur bei entsprechender Erfahrung
  • Defi-Patches so kleben, dass sie sich nicht berühre
    • Defibrillation selten notwendig, wenn dann 4J/kg
  • Zugang frühzeitig intraossär erwägen
    • EZ-IO®System: Rote Nadel = 15mm; Blaue Nadel = 25mm (Gelbe Nadel = 45mm)
    • Nicht defibrillierbar: Adrenalin 0,01mg/kg iv., dann alle 4 Min.
    • Defibrillierbar: Amiodaron 5mg/kg + Adrenalin 0,01mg/kg iv. nach 3. Schock

Kinder Reanimation Algorithmus

Kinderreanimation Algorithmus

Checkliste Kinder-CPR

  • Thoraxkompressionen: Druckpunkt untere Sternumhälfte/Drucktiefe 1/3 des Thoraxdurchmessers; Frequenz 100-120/min. (ausreichend entlasten)
  • Beatmung: „Luft muss rein und raus!“
    • Atemwegsverlegung durch Fremdkörper?
    • suffiziente Beutel-Maskenbeatmung (primär) ausreichend; auf ausreichende Thoraxexkursion achten und Kapnografie verwenden
    • Im Verlauf Wechsel auf gewichtsadaptierte SGA + Kapnografie
    • Anlage Magensonde (häufig Überblähung durch Beatmung), nach Anlage aktiv Luft aspirieren
    • Intubation nur durch erfahrene Anwender:in, dann
      • Kontinuierliche Beatmung, altersadaptierte Beatmungsfrequenz:
        • <1 J. 25/min.
        • 1-8 J. 20/min.
        • 8-12 J. 15/min.
        • >12 J. 10/min.
  • Defibrillation: 4J/kg (nach 5. erfolglosen Schock ggf. 8 J/kg)
    • Patch-Position: anterior/posterior oder Apex/Sternum, Elektroden sollen sich nicht berühren
  • iv.-Zugang und Medikamente:
    • Zeitverlust vermeiden: Venenpunktion nicht möglich/zeitaufwendig → intraossär
    • Adrenalin 0,01mg/kg iv.
      • bei nicht-defibrillierbarem Rhythmus (Asystolie, PEA) so schnell wie möglich, dann alle 4 Minuten (alle 2 Zyklen)
      • bei defibrillierbarem Rhythmus (VT, VF) nach dem dritten nicht erfolgreichen Schock, dann alle 4 Minuten
    • Amiodaron 5mg/kg iv. (Alternativ: Lidocain 1mg/kg iv.)
      • bei defibrillierbarem Rhythmus (VT, VF) nach dem dritten nicht erfolgreichen Schock
    • Volumengabe: 10-20ml/kg iv. VEL als „Bolus“ (rasche Infusion)

Dosierungen

Säugling bis 1 Jahr: Reanimation

Alter (Monat)
Gewicht
Länge

0 Mon.
3kg
50cm

6 Mon.
7kg
68cm

12 Mon.
10kg
76cm

Dosis

Verdünnung

Adrenalin iv./io.

1mg(1ml)
+9ml NaCl

0,3ml

0,7ml

1,0ml

0,01mg/kg

0,1mg/ml

Amiodaron iv./io.

50mg/ml

0,3ml

0,7ml

1,0ml

5mg/kg

50mg/ml
unverdünnt

Defibrillation

Joule

20J

30J

40J

4J/kg

Hinweis: "NaCl" = NaCl 0,9%

Kleinkind 2-6 Jahre: Reanimation

Alter (Jahre)
Gewicht
Länge

2 J
13kg
88cm

4 J
17kg
105cm

6 J
22kg
116cm

Dosis

Verdünnung

Adrenalin iv./io.

1mg(1ml)
+9ml NaCl

1,4ml

1,8ml

2ml

0,01mg/kg

0,1mg/ml

Amiodaron iv./io.

50mg/ml

1,4ml

1,8ml

2ml

5mg/kg

50mg/ml
unverdünnt

Defibrillation

Joule

50J

70J

90J

4J/kg

Hinweis: "NaCl" = NaCl 0,9%

Schulkind 8-12 Jahre: Reanimation

Alter (Jahre)
Gewicht
Länge

8 J
28kg
129cm

10 J
34kg
140cm

12 J
38kg
153cm

Dosis

Verdünnung

Adrenalin iv./io.

1mg(1ml)
+9ml NaCl

3ml

3,5ml

4ml

0,01mg/kg

0,1mg/ml

Amiodaron iv./io.

50mg/ml

3ml

3,5ml

4ml

5mg/kg

50mg/ml

Defibrillation

Joule

110J

130J

150J

4J/kg

Hinweis: "NaCl" = NaCl 0,9%

Neugeborenen-Reanimation

Geburt + Neugeborenenversorgung - Ablauf

Vorbereitung bei laufender Geburt

  • Frühzeitig Hilfe nachfordern (Gynäkologie/Hebamme, ggf. Anästhesie)
  • Teambriefing (Rollen verteilen, Probleme antizipieren)
  • Vorbereitung (Equipment und Versorgungsplatz für Kind vorbereiten)
  • Temperaturmanagement (Raum + Handtücher vorwärmen, Fenster/Türen zu)

Geburt

Kind abtrocknen, in trockene/warme Tücher wickeln. Zeit notieren.

Mutter
parallel
versorgen

Postpartale
Blutung?
→ 2 Zugänge
→ 3-5 IE Oxytocin KI
→ 1g TXA iv.
Transfusion

Evaluation

Kind schlaff, blass, "leblos"?

→ 10cm vom Bauch abnabeln

  • Stimulieren (z.B. Abrubbeln des Rückens)
  • Freimachen der Atemwege (Neutralposition, ggf. Esmarch/Guedel-Tubus)
  • 5 "Blähmanöver": 2-3sek. mit dichter Maske (pinsp 20-30cm H2O, Raumluft)

Reevaluation

Herzfrequenz >60/min.? Hebt sich der Brustkorb?

Wenn nicht:

  • Lagerung optimieren, ggf. Atemwege absaugen
  • 30sek. mit 30/min. beatmen (Maske-Beutel mit Doppel-C-Griff) = 15 Beatmungshübe
  • Monitoring (Pulsoxymetrie + EKG)

Reevaluation

Herzfrequenz weiter <60/min.?

→ Reanimation 3:1
(3x Thoraxkompression, 1x Beatmung)

ABC der Neugeborenen-CPR

  • Airway
    • Primär SGA (Larynxmaske)
    • Intubation nur durch Geübte
  • Beatmung
    • Nach Blähmanöver mit 100% FiO2 beatmen
    • CAVE: Entero-/Pneumothorax
  • Circulation
    • Zugang: primär io. (Nabelvenenkatheter durch Geübte)
    • Adrenalin 0,01mg/kg alle 4min. (s. Kinderreanimation)

Reevaluation alle 30sek.

→ WÄRMEERHALT!

Allgemeines:

  • Nachfolgend beschriebener Algorithmus gilt nur direkt nach der Geburt („im Kreißsaal“)
  • Notwendig bei insuffizienter Atmung oder persistierender Herzfrequenz unter 100/min
  • Meist reichen suffiziente Beatmungen aus
  • Monitoring sollte über EKG erfolgen (SpO2 Messung teils unzuverlässig)
    • Akzeptable präduktale SpO2-Sättigung für gesunde Neugeborene
      • 2 Min nach Geburt: 65% SpO2
      • 5 Min nach Geburt: 85% SpO2
      • 10 Min nach Geburt: 90% SpO2
Beatmung und Atemwegssicherung

Beatmung:

  • Kopf in Neutralposition lagern
  • Meist 2cm Erhöhung (z.B. Handtuch) unter den Schultern notwendig
  • 5 initiale Beatmungen ("Blähmanöver") sollen mit je 2-3s Dauer appliziert werden, Pinsp 20-30 cmH2O; PEEP 5 cmH2O, Raumluft
    • Spitzendruck Reifgeborene: 30 cmH2O
    • Spitzendruck Frühgeborene (<32. SSW): 25 cmH2O
  • Beatmung unter Thoraxkompressionen (später): FiO2 1,0 (100%)
  • Effektivität der Beatmung sollte über Thoraxexkursion und Herzfrequenzanstieg beurteilt werden
  • Kann nach 5 initialen Beatmungen weiterhin keine suffiziente Eigenatmung induziert werden, sollte über 30 Sekunden mit einer Frequenz von 30/min beatmet werden (= 15 Beatmungshübe)

Atemwegssicherung:

  • Fokus: Maskenbeatmung (2-Helfer-Methode, Doppel-C-Griff). Bei insuffizienter Maskenbeatmung kann Einsatz einer Larynxmaske erwogen werden
  • Primäre Alternative: SGA (Larynxmaske).
  • "Rachen-CPAP" stellt bei Neugeborenen eine geeignete Alternative zur Beatmung dar
    • Tubus mit einem Außendurchmesser, welcher gerade so durch das Nasenloch des Neugeborenen passt, in den Rachen vorschieben
    • Einführtiefe = etwa Distanz von Nasenspitze bis Tragus des Neugeborenen
    • Beatmung kann dann unter Zuhalten des kontralateralen Nasenlochs und Mund erfolgen
  • Die endotracheale Intubation von Neugeborenen sollte nur durch geübte Anwender:innen erfolgen!
    • Potenzieller Schaden ungeübten Intubationsversuchs überwiegt Vorteil
    • Nasale Intubation ist vorzuziehen, aufgrund besserer Möglichkeit zur Tubusfixierung
    • Einzige dringende Indikation zur Intubation ist ein (bekannter) Enterothorax oder eine tracheoösophageale Fistel
Kreislaufmanagement und Monitoring

Kreislaufmanagement:

  • Medikamentöse Kreislaufunterstützung ist nur selten notwendig
  • Thoraxkompressionen erst nach vorheriger, ausreichender Belüftung der Lungen (siehe Flowchart)
  • Thoraxkompressionen:
    • 2-Daumen-Technik: Zwei Daumen nebeneinander über dem unteren Drittel des Brustbeins platzieren und mit den Fingern den gesamten Brustkorb umgreifen.
    • Thoraxkompressionen beim Neugeborenen im Verhältnis von 3:1 zur Beatmung durchgeführt werden
    • Kompressionsfrequenz sollte 120/min betragen (also ca. 90 Kompressionen, 30 Beatmungen pro Minuten)
    • bei Verdacht auf eine kardiale Ursache für die Reanimationspflichtigkeit kann ein Verhältnis von 15 Thoraxkompressionen zu 2 Beatmungen (15:2) erwogen werden
    • Thoraxkompressionen nach initaler Beatmung durchführen, solange die Herzfrequenz unter 60/min liegt

Monitoring:

  • Die Herzfrequenz als essenzieller Parameter muss im Rahmen der Reanimation unbedingt überwacht werden
  • EKG Monitoring sollte zusätzlich zur Pulsoxymetrie zur effektiven Überwachung der Herzfrequenz eingesetzt werden
Medikamente und iv.-Zugang

Medikation:

  • Auch wenn die Ursache für eine Kreislaufdepression bei Neugeborenen in der überwiegenden Mehrheit durch Hypoxie hervorgerufen wird, kann in seltenen Fällen bei prolongierter Reanimation eine medikamentöse Intervention notwendig werden.
  • Folgende Medikamente werden im Rahmen einer Reanimation empfohlen:
    • Adrenalin (0,01mg/kg) iv. alle 4 (3-5) Minuten
      • Verabreichung sollte bei persistierender Herzfrequenz <60/min trotz adäquater Beatmung und Thoraxkompression erfolgen
      • Die Dosierung kann bei ausbleibendem Erfolg auf bis zu 0,03mg/kg erhöht werden
    • Volumengabe
      • Bei Verdacht auf Volumenmangel sollte ein Bolus von 10ml/kg Vollelektrolytlösung iv/io. verabreicht werden
    • Glukose
      • Eine starre Definition neonataler Hypoglykämie existiert nicht, allgemein sollte eine Glukosegabe bei einem Blutzucker unter 45mg/dl (2,6mmol/L) erfolgen:
        2,5ml/kg Glukose 10% iv./io. Bolus, Wiederholung nach BZ-Wert

iv.-Zugang bei Neugeborenen:

  • Der Nabelvenenkatheter stellt für erfahrene Anwender:innen den iv.-Zugang der Wahl bei Neugeborenen dar, sollte aber nur bei entsprechender Expertise angelegt werden
  • Der tibiale io.-Zugang gewinnt in Neugeborenenversorgung zunehmend an Bedeutung
    • Die Einbringung der Nadel kann über einen Bohrer (z.B. EZIO®) oder aufgrund der weichen Knochenstruktur auch manuell erfolgen
    • Besonderes Augenmerk muss auf die Fixierung und Prävention einer möglichen Dislokation gelegt werden
    • Ein io.-Zugang kann analog zum iv.-Zugang verwendet werden

Aufziehanleitung Medikamente

Kindermedi Rea

Die Reanimationsmedikamente werden in diesem Konzept analog zu den auch bei Erwachsenen verwendeten Verdünnungen aufgezogen:

  • Adrenalin 1mg auf 10ml (1ml = 0,1mg)
  • Amiodaron „pur“ 150mg in 3ml bzw. 300mg in 6ml (1ml = 50mg)
Dosierungen + Aufziehanleitung Kinder bis 10kg Körpergewicht
  • Mittels Dreiwegehahn wird das Medikament in eine 1ml-Spritze („Insulinspritze“) aufgezogen, die Verdünnung bleibt gleich
  • Als einfache Merkhilfe gilt nun: 1 „Teilstrich“ = 0,1ml = 1kg Körpergewicht
    • Bsp.: 5kg Kind
      • 0,05mg Adrenalin = 5 Teilstriche der 1ml Spritze = 0,5ml
      • 25mg Amiodaron = 5 Teilstriche der 1ml Spritze = 0,5ml
Dosierungen + Aufziehanleitung Kinder > 10kg Körpergewicht
  • Hier kann in der Praxis auf das Aufziehen in die 1ml-Spritze verzichtet und auf 0,5ml auf- und abgerundet werden.
  • Weiter gilt: 1kg Körpergewicht = 0,1ml
    • Bsp.: 20kg Kind
      • 0,2mg Adrenalin = 2ml aus der Spritze mit 1mg/10ml Adrenalin
      • 100mg Amiodaron = 2ml aus der Spritze mit 150mg/3ml Amiodaron

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Voorde, P. V. de et al. Lebensrettende Maßnahmen bei Kindern (Paediatric Life Support, PLS). Notfall Rettungsmed 24, 650–719 (2021).
  • Madar, J. et al. Versorgung und Reanimation des Neugeborenen nach der Geburt. Notf. Rettungsmedizin 24, 603–649 (2021).

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