1. Leitsymptome
  2. Trauma

Frakturen

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Erste Schritte

Pragmatische Frakturbeschreibung:

  1. Wo ist die Fraktur? (z.B. zwischen mittlerem und distalen Schaftdrittel)
  2. Gelenkfläche betroffen?
  3. Dislokation?
    • Verschiebung der Frakturenden in der Längsachse (z.B. um Schaftbreite). Tipp: Hier wird immer das distale Fragment in Relation zum proximalen Fragment beurteilt
  4. Angulation?
  5. Verdrehung?
  6. Einstauchung? (Verkürzung)
  7. Anzahl Fragmente?

Tipps

  • Generell Frakturen immer achsengerecht ruhigstellen
  • Sofortige chirurgische Vorstellung bei
    • offenen Frakturen
    • pDMS Defizit
    • (drohendem) Weichteilschaden
    • V.a. Kompartmentsyndrom

Fokus Präklinik

  • Adäquate Analgesie
  • pDMS initial prüfen + nach Ruhigstellung / Reposition
  • Achsengerechte Reposition (und Schienung) insb. bei:
    • Beeinträchtigung von Sensorik oder Durchblutung
    • Durchspießung
    • OSG-Luxationsfraktur

Allgemeine Frakturversorgung

Konservative Versorgung mit Ruhigstellung

Meist möglich bei geringer Dislokation, wenn eine ausreichende Ruhigstellung über Gips/Verbände erreicht werden kann und kein Weichteilschaden oder Knochennekrose droht.

Bei konservativer Therapie beträgt die Zeit bis zur vollständigen Frakturheilung durchschnittlich sechs Wochen. Je nach Lokalisation und Patient:innen-Alter kann es hierbei jedoch zu Unterschieden kommen.

Bei konservativem Therapieversuch mittels Ruhigstellung/Gipsverband ist, nach Belastung oder erneutem Trauma, auch im Verlauf ein Abkippen der Fraktur möglich.  Radiologische Verlaufskontrollen sind daher bis zur vollständigen Ausheilung notwendig. 

Operative Frakturversorgung

Zur Erstversorgung bei ausgeprägtem Weichteilschaden oder Polytraumata wird i.d.R. ein Fixateur externus verwendet. Die Stabilisierung wird hierbei über einen metallischen Kraftträger außerhalb des Körpers gewährleistet, welcher über Schrauben mit den einzelnen Knochenfragmenten verbunden wird. Bei der definitiven Frakturversorgung kommt entweder intra- oder extramedullärem Osteosynthesematerial zum Einsatz, welches meist dauerhaft in Patient:innen verbleiben kann und eine zeitnahe Vollbelastung ermöglicht. In einigen Fällen ist unmittelbar nach operativer Versorgung schon eine Teilbelastung möglich.

Frakturen Nomenklatur / Einteilung

AO-Klassifikation

Die Fraktureinteilung nach AO-Klassifikation (→AO Compendium) ist geeignet, um nahezu jede Fraktur zu beschreiben und einzuteilen. Einige allgemeine Einteilungen und Bezeichnungen zur Frakturbeschreibung sollten allerdings zusätzlich bekannt sein:

Allgemeine Fraktureinteilung

  • Einfache Frakturen
    • Spiralfraktur: Einfache Fraktur mit spiralförmigem Frakturverlauf
    • Schrägfraktur: Gerader Frakturverlauf ≥30° zur Schaftachse
    • Querfraktur: Gerader Frakturverlauf <30° zur Schaftachse
  • Mehrfragmentfraktur (≥3 Fragmente)
  • Trümmerfraktur (>7 Fragmente)
  • Inkomplette Fraktur = Haarriss/Fissur

Einteilung offener Frakturen

nach Tscherne und Oestern

  • I° = Minimale Weichteilverletzung, Durchspießung von innen
  • II° = Durchtrennung der Haut mit umschriebener Weichteilverletzung
  • III° = Freiliegende Fraktur mit ausgedehnter Weichteilzerstörung
  • IV° = Subtotale/totale Amputation

Frakturen bei Kindern

  • Grünholzfraktur: Biegungsbruch (insb. lange Röhrenknochen), geringe Dislokation und erhaltener Periostmantel bei einseitigem Bruch der Kortikalis
  • Bowing-Fraktur: Verformung des Knochens mit fixierter Biegung, aber intakter Kortikalis und Periost
  • Wulstfraktur: Metaphysäre Stauchungsfraktur mit intaktem Periost und meist nur einseitig gebrochener Kortikalis (insb. distaler Unterarm)

Einteilung kindlicher Frakturen

nach Salter-Harris

  • I. Epiphyseolyse ohne Begleitfraktur
  • II. (Partielle) Epiphyseolyse mit begleitender Aussprengung eines metaphysären Fragments
  • III. Epiphysenfugenfraktur (partielle Epiphyseolyse mit Begleitfraktur)
  • IV. Fraktur durch Epi- und Metaphyse (mit epi-/metaphysärem Fragment)
  • V. Axiale Stauchung der Epiphysenfuge

Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Fleischmann, T. & Hohenstein, C. Klinische Notfallmedizin Band 1 Wissen: Emergency Medicine nach dem EU-Curriculum. (2020).
  • Wyatt, J. P., Taylor, R. G., Witt, K. de & Hotton, E. J. Oxford Handbook of Emergency Medicine. (2020).
  • Tintinalli, J. E., Ma, J. O. & Donald, Y. M. Tintinalli’s Emergency Medicine. (2019).
  • Meinberg, E., Agel, J., Roberts, C., Karam, M. & Kellam, J. Fracture and Dislocation Classification Compendium—2018. J. Orthop. Trauma 32, S1–S10 (2018).
  • Weigel, B. & Nerlich, M. L. Praxisbuch Unfallchirurgie. (2011).

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