1. Leitsymptome
  2. Skills und Techniken

Reposition von Gelenken

Feedback senden

Tipps

  • Auf ausreichende Analgosedierung achten
  • Bei Verdacht auf eine Luxation muss eine Fraktur ausgeschlossen werden
    (Ausnahme ggf. habituelle Schulterluxation bei passender Anamnese und fehlendem Trauma)
  • Vor und nach der Reposition muss pDMS geprüft und dokumentiert werden
  • Nach der Reposition:
    • Röntgenbild zur Verifikation (und Dokumentation) Therapieerfolg
    • Ruhigstellung und Schonung (+ggf. Physiotherapie) sowie ambulante Verlaufsbeobachtung (innerhalb von 3-5 Tagen)
  • Frakturen - umgehende Reposition bei:
    • Erkennbar dislozierte OSG-Frakturen
    • pDMS-Defizit

Schulterluxation

Techniken zur Reposition der vorderen Schulterluxation
Es gibt eine Vielzahl an Techniken. Hier Auswahl aus pragmatischen Möglichkeiten:

Stimson

  • einfache, aber zeitaufwändige Form der Reposition
  • suffiziente Analgesie und ggf. Sedierung notwendig

Durchführung:

  1. Startposition:
    Patient:in wird bäuchlings mit der betroffenen Schulter über an den Rand der Liege gelegt
    • vor Herunterrutschen sichern
  2. 2,5-5kg Gewichte an Handgelenk befestigen
  3. 10-20min in dieser Position verharrren (oder bis Reposition erfolgreich)
    • unterstützend leichte Aussenrotation und sanfter Druck auf die ipsilaterale Skapulaspitze nach medial
Stimson

Milch

  • 70-90% Erfolgsrate
  • gute Toleranz durch Patient:innen (meist keine Analgosedierung notwendig)

Durchführung:

  1. Startposition:
    Lagerung in Rückenlage mit betroffener Schulter am Rand der Liege
  2. Adduktion des Oberarmes und Flexion des Ellenbogens in 90° („aus der Hüfte an die Decke schießen“)
  3. langsame Außenrotation und Abduktion (Ziel: „über den Kopf“)
  4. bei vollständiger Abduktion axialer Zug am Oberarm
    • ggf. leichter Druck auf den Humeruskopf in Richtung Glenoid durch Assistenz unter gleichzeitiger Abduktion und axialem Zug

Kocher

  • einfaches Manöver mit geringem Kraftaufwand, Beginn analog zu Milch
  • gute Toleranz durch Patient:innen (meist keine Analgosedierung notwendig
  • anekdotisch vermehrte Humerusfrakturen bei älteren Pat. berichtet

Durchführung:

  1. Startposition:
    Lagerung in Rückenlage mit betroffener Schulter am Rand der Liege
  2. Adduktion des Oberarmes und Flexion des Ellenbogens in 90° („aus der Hüfte an die Decke schießen“)
  3. Außenrotation des Oberarms (bis Widerstand gespürt wird)
  4. (leichte) Anteversion des Arms
  5. Innenrotation des Oberarmes

Radiusköpfchen-Subluxation

Reposition mittels „Hyperpronation“ oder „Supination-Flexion“:

  • Kind sitzt Untersucher:in z.B. auf dem Schoß der Begleitperson gegenüber
  • Eine Hand am Handgelenk für Manöver, andere Hand umfasst zur Stabilisierung sanft den Ellbogen, dort wird bei erfolgreicher Reposition das „Schnappphänomen“ mit dem Finger gespürt
  • Meist Erfolg nach einmaligem Repositionsversuch. Falls beim ersten Versuch kein Erfolg, Wiederholung mit selber Technik, dritter/vierter Versuch mit alternativer Technik. Falls auch hier kein Erfolg: Röntgen-Bildgebung und unfallchirurgische Vorstellung
  • Hyperpronation:
    • Maximale (Hyper)Pronation
    • evtl. zusätzlich Extension im Ellbogengelenk
  • Supination-Flexion:
    • Supination, dann maximale Flexion im Ellbogengelenk (parallel leicht Druck auf das Ellbogengelenk)

Fingerluxation

  • Reposition meist problemlos durch leichten Zug und Hyperextension
    • kurzer, intensiver Schmerz muss gegen ebenfalls schmerzhaften Oberst-Block abgewogen werden

Ellenbogenluxation

  • Reposition sehr schmerzhaft und daher nur unter ausreichender Analgosedierung möglich

Durchführung:

  1. Startposition:
    Patient in Bauchlage
    Oberarm im Schultergelenk in 90° Abduktion, Ellenbogen in 90° Flexion, Unterarm hängt über Liege
  2. Rückführung der Ulna aus medialer oder lateraler Fehlstellung
  3. Axialer Zug durch Zug am Handgelenk unter gleichzeitig leichter Supination
  4. Leichter Druck auf das Olekranon unter leichter Pronation bis Gelenk reponiert

Hüftluxation

  • Häufigste Ursache: Hüft-TEP Luxation
  • Traumatische Luxation des Hüftgelenkes nur unter massiver Gewalteinwirkung (Begleitverletzungen?)
  • Vor jeder Reposition Röntgenaufnahme zum Frakturausschuss bzw. Beurteilung der TEP
  • Reposition nur unter tiefer Analgosedierung oder Allgemeinnarkose mit Muskelrelaxation möglich

Durchführung:

  1. Startposition:
    Lagerung in Rückenlage
    • Assistenzperson fixiert Becken auf Liege (Druck auf beide Spinae iliacae sup.)
  2. Longitudinaler Zug unter leichter Adduktion sowie Innenrotation des betroffenen Oberschenkels
  3. Wenn Beinlänge hergestellt ist Flexion der Hüfte in 90°
  4. leichte Abduktion und Aussenrotation bis das Gelenk reponiert

Patellaluxation

  • Reposition sehr schmerzhaft und daher nur unter ausreichender Analgosedierung möglich
  • Durchführung mit zwei Personen

Durchführung:

  1. Helfer:in 1: Beide Hände neben die luxierte Patella legen um mit den Daumen eine Mobilisation der Patella nach medial zu ermöglichen
  2. Helfer:in 2: Umfassen von Ober und Unterschenkel
  3. Sanfte Extension des Knies unter gleichzeitigem Druck auf die Patella in das Gelenk

Frakturen

  • Erkennbar dislozierte OSG-Frakturen müssen so schnell wie möglich reponiert werden!
  • bei Defizitien von pDMS muss eine umgehende Resposition erfolgen
  • offene Frakturen sollten achsgerecht gelagert werden, allerdings ist eine definitive Versorgung üblicherweise nur im OP möglich
  • Fehlstellungen werden immer durch Zug unter gleichzeitiger Rückführung reponiert, niemals die Fraktur ohne Zug „geradebiegen“
  • Wirbelsäulenfrakturen niemals in der Notaufnahme reponieren

Checkliste: Reposition von Frakturen (allgemein)

  • Ausreichende Analgesie / Analgosedierung sicherstellen
  • pDMS vor und nach Reposition sowie nach Schienung dokumentieren
  • Reposition:
    • axialen Zug aufbauen und Fraktur achsgerecht ziehen
    • unter Durchleuchtung Knochenstellung überprüfen und durch Schienung fixieren

OSG Fraktur

Aufgrund der großen Gefahr von Weichteilschäden muss eine dislozierte OSG Fraktur umgehend in achsgerechte Position reponiert werden!

Vorgehen:

  1. Eine Hand umgreift den Unterschenkel, die andere Hand umfasst die Ferse des betroffenen Beines
  2. Unter Zug wird das OSG in eine Achsgerechte Position gebracht und mit einer überbrückenden Schienung gehalten
    • Der Zug an der Ferse während der Reposition ist vergleichbar mit dem Ausziehen eines eng sitzenden Stiefels nach kaudal/ventral
    • als Überbrückende Schienung sind zb. Vakuumschienen oder Alupolster-Schienen (z.B. SAM-Splint®) geeignet

Radiusfraktur

  • CAVE: Keine mehrfachen Repositionsversuche (Gefahr einer Sudeck-Dystrophie)
  • Bruchspaltanästhesie gut geeignet zur Analgesie unter Reposition.
    Durchführung:
    • Unter sterilen Bedingungen Punktion des Bruchspaltes von dorsal
    • Aspiration von Frakturhämatom / ggf. Lagekontrolle unter Durchleuchtung
    • Injektion eines Lokalanästhetikums (z.B. Lidocain 1% 10-20ml oder Mepivacain 2% 10ml )
    • ausreichende Einwirkzeit abwarten (mind. 10min)

Durchführung:

  1. Patient:in in Rückenlage, 90° Flexion im Ellenbogen
  2. Aushängen
    • Möglichst direkt nach Aushängen Bruchspaltanästhesie
      • je nach Bedarf zusätzliche systemische Analgesie
    • Hand am Galgen über "Mädchenfänger" (Extensionshülsen) an 2-3 Fingern aufhängen
    • Extensionsgewichte (ca. 3–6 kg) in der Ellenbeuge anbringen
      • dann mind. 15(-20)min abwarten
  3. Reposition
    • durch Druck auf das distale Radiusfragment unter Durchleuchtung
    • Gipsverband nach Reposition im Aushang anlegen
  4. Erfolgreiche Reposition und Fixierung über Gipsverband durch Röntgen dokumentieren
Interessante Links (frei zugänglich)
Literatur
  • Wanger, A. et al. Repositionstechniken in der Notaufnahme. Notf. Rettungsmedizin 1–11 (2024)
  • Melcher, P., Kleber, C. & Pieroh, P. Reposition großer Gelenke: Hüfte, Knie, Patella – Schritt für Schritt. Notfallmedizin up2date 18, 245–250 (2023).
  • Ventzke, M.-M. & Segitz, O. Einfach und praktisch: Reposition der Schulterluxation. Notf. Rettungsmedizin 22, 533–536 (2019).
  • Melcher, P. & Theopold, J. Vordere Schulterluxation reponieren – Schritt für Schritt. Notfallmedizin up2date 14, 345–351 (2019).
  • DGU. S1-Leitlinie Posttraumatische Schulterinstabilität. AWMF (2019).
  • DGU. S1-Leitlinie Schultergelenk Erstluxation. AWMF (2017).
  • Stafylakis, D., Abrassart, S. & Hoffmeyer, P. Reducing a Shoulder Dislocation Without Sweating. The Davos Technique and its Results. Evaluation of a Nontraumatic, Safe, and Simple Technique for Reducing Anterior Shoulder Dislocations. J. Emerg. Med. 50, 656–659 (2016).
  • Cunningham, N. A new drug free technique for reducing anterior shoulder dislocations. Emerg. Med. 15, 521–524 (2003).

Urheberrecht © Notfallguru 2023